Leonid Kanter · Das erste Jahr der französischen Besatzung im Landkreis Calw Auch Handwerksbetriebe waren von der poli­tischen Säuberung betroffen. Auf der ersten Landrätetagung im Jahr 1946 berichtete Dr. Kilpper von der Notwendigkeit, auch kleinere Betriebe zu prüfen und bat um baldige Zusen­dung der Vorschläge nach Tübingen. 54 Mitte Januar musste Wagner für Frénot eine Liste mit den Stimmenanteilen der jeweiligen Parteien bei den Reichstagwahlen zwischen 1930 und 1933 anfertigen. Vermutlich wollte Frénot mithilfe dieser Zahlen den Weg zurMachter­greifung aus dem Blickwinkel Calws besser nachvollziehen können. Wenn diese Vermu­tung zutrifft, so wird deutlich, dass die Entna­zifizierung keineswegs nur oberflächig gehand­habt wurde. Mitte März wurde eine mehrmalige Filmvorfüh­rung mit dem martialischen TitelLager des Todes angekündigt. Die Durchführung dieses Projektes stand unter der Leitung von Hans Ballmann, der etliche Jahre in Konzentrations­lagern verbracht hatte. 55 Der Bevölkerung soll­ten die von den Nazis begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit präsentiert werden, mit dem Ziel der Umerziehung und der Abkehr vom Nationalsozialismus. Eine große Entlassungswelle im politischen Bereich folgte Ende August 1946. Hier wurden zeitgleich acht Bürgermeister entlassen, nachdem die Ergebnisse der politischen Säuberung vom Staatssekretariat veröffentlicht worden waren. 56 Betroffen war auch der Bürgermeister der Stadt Nagold, Dr. Walter Wolf. Wagner kümmerte sich mit einem Vorschlag an Frénot umgehend um die Nachfolger, welche allesamtNichtan­gehörige der NSDAP oder deren Gliederungen waren. Fazit Beim ThemaErnährung wurde von Seiten Frénots und Wagners viel versucht. Auch wenn nicht alles gelang oder reibungslos verlief, so kann man den beiden politischen Protagonisten des Landkreises nicht den Vorwurf der Untätig­keit machen. Auch sie waren den Sachzwängen der Nachkriegszeit unterworfen, versuchten jedoch das Beste für den Kreis und seine Bevöl­kerung herauszuholen. An dieser Stelle sollte sowohl das Engagement Frénots bei der Einrich­tung der Handelsabkommen mit der Amerika­nischen Besatzungszone, als auch Wagners Ehr­Ausschnitt aus einem Schreiben von Gouverneur Frénot an Landrat Wagner, mit deut­scher Übersetzung vom 28. September 1945: Zur Entnazifizierung gehörte auch das Verbot, Hitler-Bilder (zum Beispiel auf Postkarten) zu verkaufen oder in Umlauf zu bringen. 74