Leonid Kanter · Das erste Jahr der französischen Besatzung im Landkreis Calw Ausschnitt aus einem Schreiben an den Landrat vom 24. September 1949: Bevor Kinos und Theater wieder eröff­nen konnten, musste sich die Franzö­sische Besatzungsmacht den Überblick über die vorhandenen Einrichtungen verschaffen. Schreiben von Gouverneur Frénot an Landrat Wagner, mit deut­scher Übersetzung. geistige und kulturelle Leere, nach demZusam­menbruch aller geltender moralischer Normen mit Inhalt füllen. 52 Die Vorstellung Hesses Werke durch seinen Jugendfreund Hartmann wurde außerdem mit Werken von Mozart begleitet. Wenige Monate nach dieser Veranstal­tung wurde Hesse mit dem höchsten Preis für Literatur, dem Nobelpreis, ausgezeichnet. Doch die gebotenen Veranstaltungen versuchten vor allem, die Jugendlichen durch aktive Parti­zipation am öffentlichen Leben nachhaltig zu erziehen. So stellte Wagner der Calwer Jugend ein Kinderfest am 13. Juli 1946 im Tausch gegen die Mithilfe beim Schuttaufräumen in Aussicht. Neben der Absicht, die Jugend durch solche Auch den berühmten Sohn der Stadt Calw betreffende Veranstaltungen waren nun wieder erlaubt. Aufgaben zu integrieren, stand der erzieherische Aspekt durch die Vermittlung der Tugenden im Vordergrund. Das Kinderfest wurde anschlie­ßend realisiert, nachdem die notwendigen Gegenstände von der Bevölkerung gespendet worden waren. Politische Säuberung Wagner verdankte seine rasche Ernennung zum Landrat seiner Nicht-Mitgliedschaft in der NSDAP und ihrer Tochterorganisationen. Tat­sächlich war es schwierig, qualifizierte Mitarbei­ter für die deutsche Verwaltung zu finden, die eine unbelastete Vergangenheit aufwiesen. Bereits Ende November 1945 wurde das Forst­personal verstärkt unter die Lupe genommen, da diesesstark nazistisch sei. Zugleich wurde Wagner beauftragt, eine Liste mit 50, für die Stelle der Forstmeister und Forstbeamten, in Frage kommender Personen zu erstellen. Über die weiteren Maßnahmen schweigen die Akten. Lediglich wird in der Besprechungsnotiz vom 12. Dezember 1945 erwähnt, dass Forstmeister Ebert unter Vorbehalt im Amt bleiben könne. Davor musste derselbe beim Gouverneur zum Rapport antreten. Doch nicht nur für Frank­reich essentiell wichtige Bereiche wie die Forst­wirtschaft wurden verstärkt kontrolliert. Selbst harmlosere Vergehen, wie der Besitz von Nazischriften wurde mit Nachdruck verfolgt. 53 73