Hansjörg Straub · Verhängnisvoller Fallschirmsprung 1944 bei Schietingen ablaze!, soll Churchill gefordert haben. Als Mitarbeiter vorgesehen waren dafür nicht Ange­hörige der bestehenden Geheimdienste wie des Auslandsgeheimdienstes MI6 oder der regulären Streitkräfte, sondern Frauen und Männer, die angeworben werden sollten, wenn sie über eine Reihe besonderer Qualifikationen verfügten. Ihr Einsatzgebiet sollten die von den Deutschen und ihren Verbündeten besetzten Länder sein. Eine unabdingbare Voraussetzung waren deshalb Sprachkenntnisse, damit sie sich unerkannt und unauffällig in diesen Ländern bewegen, Kon­takte zu bestehenden Widerstandsgruppen auf­nehmen oder Materialien für Sabotageakte be­schaffen konnten. Personen mit doppelter Staats­bürgerschaft waren eine bevorzugte Menschen­gruppe, die angeworben werden sollten. Darüber hinaus bedurfte es bei der Auswahl dieser Agenten noch vielfältiger anderer Qualitäten, wenn sie in den feindlichen Einsatzgebieten überleben sollten. Sie mussten nämlich auch fähig sein, Gegner kaltblütig zu töten, die sich ihrem Vorhaben widersetzten. Bereits im April 1940 wurde Frank Chamier für geheimdienstliche Tätigkeiten rekrutiert, weil er bilingual aufgewachsen war und nicht nur gut Deutsch und Englisch sprach, sondern auch über gute Italienisch- und Französischkenntnisse ver­fügte. Er wurde wie alle in Frage kommenden Agenten eingehend befragt und geprüft, zu abso­lutem Stillschweigen über die zu leistenden Diens­te gegenüber Angehörigen und anderen Menschen verpflichtet und dann in einem Ausbildungspro­gramm auf die Arbeit vorbereitet. In dieser Zeit erweiterte er auch seine Kenntnisse der arabischen Sprache und trat am 17. März 1941 die Reise nach Kairo an. Im britischen Generalhauptquartier wurden seine Deutschkenntnisse in einem Ver­hörzentrum für gefangene oder desertierte Solda­ten benötigt. Großbritannien befand sich zu diesem Zeitpunkt in Nordafrika im Krieg gegen Deutschland und Italien und unternahm alles, die strategisch bedeutsame Position am Suezkanal zu verteidigen, weil dieser ebenso wie die Straße von Gibraltar für das britische Empire eine wichtige Verkehrsverbindung bildete. Frank Chamiers Berichte wurden an eine Deckadresse des bri­tischen Auslandsgeheimdienstes MI6 weitergelei­tet. Es zeigte sich, dass noch andere Aufgaben für ihn vorgesehen waren. Im Jahr zuvor hatte der Deutsche Wilhelm Reschke mehrfach die Seiten gewechselt. Bei seiner Befragung erklärte er, dass er zwischen 1936 und 1941 Angehöriger der französischen Fremdenlegion war. Nach dem Sieg der deut­schen Truppen in Frankreich bat er um Aufnah­me in das Afrikakorps, was ihm auch erlaubt wurde. Gegen seine früheren Kameraden der Legion wollte er aber nicht kämpfen und deser­tierte auf die britische Seite. Wilhelm Reschke wurde nach den Verhören in verschiedenen Kriegsgefangenenlagern interniert. Es gelang ihm in den kommenden Monaten, sich als geeigneten Mann für britische Geheimdienstak­tivitäten darzustellen und auch für deren Inter­essen eingesetzt zu werden. Am 23. März 1943 traf er zum ersten Mal mit Frank Chamier zusammen, mit dem er zusammenarbeiten sollte. Sie teilten eine Wohnung in Kairo, wo sie ihre Aufträge erhielten und ihrer Arbeit nachgingen. Sie trainierten auch Fallschirmabsprünge. Im Februar 1944 begleitete Reschke den inzwischen zum Captain ernannten Frank Chamier auf einer Reise nach England. In den folgenden zwei Monaten wurden sie auf einen heiklen Auftrag vorbereitet. Sie sollten in Süddeutschland mit Fallschirmen abspringen. In Frankreich war schon eine große Anzahl von Agenten eingesetzt worden, aber über Deutsch­land war zu diesem Zeitpunkt noch niemand abgesprungen. Frank Chamier sollte als Erster mit Wilhelm Reschke als seinem Funker über dem Schwarzwald landen. Es ist noch nicht eindeutig zu ermitteln, mit welchem Auftrag sie versehen waren, weshalb diese beiden Männer und bis zu diesem Zeitpunkt nur sie von der Abteilung für Sonderoperationen nach Deutschland geschickt wurden. Vielleicht sollten sie im Vorfeld der alliierten Landung Informationen sammeln oder Sabotageakte ausführen? Die Motive verschweigt der britische Geheimdienst bis heute. 13