Fritz Barth · Vom Regimegegner zum Bürgermeister Calmbachssen traf. Ich, damals achtJahre alt, passte ihn ab undfragte kindlich:„Robert, duwarst doch im Krieg gewesen, wieviel Franzosen oderRussen hast du dort erschossen?“ Robert stutzte,dann sagte er:„Bua, denkdoch daran, dass unsereGegner auch Eltern, Frauen und Kinder hatten. Sowas fragt man nicht!“ Daswar mir eine Lehre.Robert Müller erzählte seiner zweiten Frau Waltraud,geb. Mutterer, nach mehreren Anfragen ihrerseits, dasser am„Kabelattentat“ inStuttgart logistisch beteiligtwar. Am 15. Februar 1933,bei einer Wahlveranstaltung zur Reichstagswahl amDas Schreiben des Oberreichsanwalts zum Strafenerlass 19285. März 1933, sprach AdolfHitler in der StuttgarterStadthalle vor 10 000 AnUnterhalt bei. Das Futtermittelgeschäft wurde hängern. Über Großlautsprecher war die Hitjetzt von der Gerberstraße aus betrieben. ler-Rede auch auf dem Marktplatz zu hören. DenAttentätern gelang es, das ÜbertragungskabelRobert Müller war in Calmbach Vorsitzender durchzuschlagen, so dass um 21.17 Uhr dieder KPD-Ortsgruppe. In der Zeit vor 1933 Übertragung plötzlich unterbrochen wurde. Fürwurde die politische Tätigkeit von Robert Mül- Hitler und seine Anhänger war dies ein Schock.ler nicht zum Problem. Auch seine jüdische Frau Fieberhaft wurde nach den Tätern gefahndet. Erstwurde nicht besonders belästigt. 1935 und 1936 wurden sie verhaftet und verhältnismäßig milde bestraft, da das Gericht nicht aufSchon vor 1933 gab es in Calmbach eine kleine Vorbereitung zum Hochverrat erkennen wollte.Hitlerjugend-Gruppe. Im Ort wurde bekannt,Im Prozess am 8. und 9. April 1936 vor demdass der Kommunist Robert Müller den Anfüh- Oberlandesgericht Stuttgart wurden die Täterrer dieser HJ-Gruppe, Karl Helber, auf der Straße Wilhelm Breuninger, Adolf Däuble und Eduardangegriffen und ihm sein Braunhemd zerrissen Futterknecht, als technischer Berater, zu je zweihatte. Dies war eine Bagatelle verglichen mit denJahren, sowie Hermann Merdinger zu 22 MonaStraßenkämpfen, die in den Städten tobten. ten und Eduard Weinzierl zu 21 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Täter hatten die NamenEine von mir, dem Autor, persönlich erlebteder Anstifter aus Kreisen der KPD(KommunistiEpisode zeigt die humane Haltung von Robert sche Partei Deutschlands) nicht preisgegeben. DieMüller: Er kam häufig zu uns ins Haus in dieKriminalpolizei konnte ermitteln, dass das aus derHöfenerstraße, wo er sich mit Gesinnungsgenos- Stadthalle herausgeführte Kabel in der Hofein136