Rainer Loose ·„In engen Thälern zwischen hohen und steilen Gebürgen …“mittelbar über die agrarischen Rohstoffe vonihnen abhängig.1Die Volkswirtschaft war eindeutig von der Landwirtschaft geprägt. Königund Regierung waren überzeugt, dass derwesentliche Wohlstand des Königreichs auf denErzeugnissen seines Bodens und auf ihrergewerblichen Veredelung beruhte. Gemäß dieserÜberzeugung mussten alle Reformen zuerst beider Landwirtschaft und der Beseitigung ihrerHemmnisse, d. h. der überkommenen feudalenStrukturen einschließlich der Bann- undZwangsrechte, ansetzen. Mit großem Widerstand war hierbei zu rechnen, weshalb der Königdiesem Vorhaben zunächst keinen Vorrang einräumte.Wilhelm I. suchte stattdessen den Ausweg, auchunter dem Einfluss seiner Gemahlin Katharina,über Institutionen, die Reformen vorschlugenund entsprechende Programme entwickelten. Indiesem Zusammenhang genügt es, im Kontexteinzelner Projekte auf das Wirken der vier mitder Bekämpfung der Armut und der Wirtschaftsförderung betrauten Staatsvereine hinzuweisen.Diese„Staatsanstalten“ waren der„Wohlthätigkeitsverein“, die„Centralstelle des landwirtschaftlichen Vereins“ und die„Centralstelle desHandels- und Gewerbs-Vereins“ sowie ab 1830die private„Gesellschaft für Beförderung derGewerbe in Württemberg“, gewöhnlich nur„Gewerbeverein“ genannt.Zur sozialen Lage im WürttembergischenNordschwarzwaldKönig Wilhelm I.(1786-1864), Marmorbüste vonTheodor Wagner aus dem Jahr 1845 in der Vorhalle derNeuen Aula der Universität Tübingen.Wie sehr Wirtschaft und soziale Verhältnisse imSchwarzwald infolge der langen Kriegszeit von1792 bis 1815 und der Hungersnot von 1816/17gelitten hatten, mag ein Zitat aus dem Berichtder Oberamtsvisitation Neuenbürg von 1826 anden König illustrieren.2Es heißt darin überWildbad:„Die Stadt Wildbad gehört gleichfallszu den verarmten Orten, so zwar, daß nachAngabe des Oberamts und anderer Nachrichten,sehr viele Familien weder Betten noch Kleiderhaben und deshalb an Sonntagen die Kirche undin der Woche die Kinder die Schule zu besuchenaußer Stande sind….“ Die Ursachen für dieVerarmung von Wildbad nennt der Berichtnicht direkt. Was gegen die Armut aus Sicht derGemeinden unternommen werden könnte, istaber zu erfahren. Die Amtsversammlung Neuenbürg hielt es für vordringlich, dass die Nachbarschaftsstraße von Pforzheim nach Gernsbachim Murgtal, die über württembergisches Gebietverlief, chausseemäßig ausgebaut werde, ebensodie Straßen von Wildbad über Enzklösterle nachFreudenstadt und – nicht zu vergessen – dieStraße von Calmbach nach Calw, für derenAusbau die„verarmte“ Stadtgemeinde Wildbadsogar 5 000 Gulden beisteuern wollte. Wie mansieht, ist der Begriff„Armut“ interpretationsbe28