Rainer Loose In engen Thälern zwischen hohen und steilen Gebürgen belohnt der Landbau die Mühe nicht Wirtschaftsförderung im Württembergischen Schwarzwald unter König Wilhelm I. von 1816 bis 1848/49 In engen Thälern zwischen hohen und steilen Gebürgen belohnt der Landbau die Mühe nicht, soll eine solche Gegend bewohnt werden, so müßte es von Hirten, wo das Volk dem Hirten­alter entwachsen ist, von Fabrikanten seyn. Dergleichen Winke der Natur bleiben nicht unbefolgt, weil sie gebieterisch sind. Dieß ist der Fall von Calw. Der Kunstfleiß ist hier so alt, als die Württembergische Geschichte…. Dieses Eingangszitat ist der Antwort der Calwer Handlungsvorstände auf die so genannte Gewer­be-Enquete des Königlich Württembergischen Handels- und Gewerbs-Vereins vom 20. Januar 1820 entnommen. Damals wollte die Stuttgarter Regierung mit Hilfe dieser erst kurz zuvor gegründetenStaatsanstalt die Ursachen für die anhaltende Wirtschaftskrise herausfinden, vor allem, was aus Sicht der Gewerbetreibenden dagegen zu tun sei. Ohne auf einzelne Argu­mente der umfangreichen Denkschrift einzuge­hen, sei festgehalten, dass die Calwer Kaufleute und Gewerbetreibenden sich eine aktivere Gewerbepolitik des Königs wünschten, vor allem schützende Zölle auf Waren der ausländischen Konkurrenz sowie Steuer- und Abgabensen­kungen im Inland, insgesamt rasch wirkende Maßnahmen, die eine Belebung der in Calw ansässigen Gewerbe zeitigen sollten. Belebung der Wirtschaft hieß, die akuten Pro­bleme sofort anzupacken und mittelfristig zu bewältigen, primär durch folgende Maßnahmen: Steigerung der Nahrungsmittelproduktion und Erneuerung der Viehzucht; Belebung von Gewerbe und Handel; Aufholen und Ausgleichen des technolo­gischen Rückstands gegenüber höher ent­wickelten Staaten; Niedrige Brennstoffpreise für Gewerbe und Industrie sowie für Privathaushalte; Ausbau der Verkehrswege, um einen effizi­enteren Warenaustausch zu Wasser und zu Land zu ermöglichen. Bevor auf die anstehenden Probleme eingegan­gen wird, sei ein Blick auf die soziale Lage des Königreichs, und insbesondere im Württember­gischen Schwarzwald um 1820 geworfen. Aufgaben und Ziele der Wirtschaftspolitik König Wilhelms I. Württemberg war um 1820 noch ein Agrarstaat. Achtzig Prozent der rund 1,4 Millionen Einwoh­ner zählenden Bevölkerung lebten unmittelbar von landwirtschaftlichen Einkünften oder waren 27