Karl J. Mayer · Des Herzogs Hirsauer Untertanen der OttenbronnerZehend-Bescherung einmal beim Abladen ein Sack Hafer weg- und im Haus des Pfistermeisters wieder zum Vorschein gekommen. Allerdings gab im Lauf der Ver­handlung Michael Keck aus Ottenbronn zu, er habe den Sack aus Spaß versteckt, der Haußer habe damit nichts zu tun gehabt. Das End vom Lied, das Urteil, war salomo­nisch. Krombein zahlte einen kleinen Frevel, 3 Gulden 15 Kreuzer, wegen seiner Beleidi­gungen, der Pfistermeister ebensoviel, weil er sich als Beamter ungebührlich verhalten, sprich mit einem Prügel den Krombein bedroht hatte. Krombein wurde außerdem ermahnt, in Zukunft seine Zunge im Zaum zu halten, widrigenfalls er das Doppelte der jetzigen Strafe zu zahlen haben würde. Krombein war ein gutes Geschäft durch die Lappen gegangen, und er gab dem Pfistermeister die Schuld daran. Und Schreiner Krombein trank vielleicht das eine oder andere Mal einen über den Durst und wurde dann ausfallend. Streit war unvermeidlich. Auch wenn der zwi­schen Untertan und Klosterbeamten ausgetragen wurde: Das Herzogtum war dadurch nicht in seiner Existenz gefährdet. Das Hirsauer Klosteramt und seine Bewohner: Ein Sonderfall? Dieser Vorfall unterstreicht noch einmal eine der Besonderheiten, mit denen des Herzogs Hirsauer Untertanen, vor allem im Schlagschat­ten der Klosterruinen, leben mussten: Die unmittelbare Nähe zwischen einfachen Hinter­sassen und der Amtsobrigkeit ohne die dörf­liche Mittelschicht. Ob das von den Hirsauern als Manko erlebt wurde, lässt sich aus den Quellen nicht entnehmen. Dass sich viele Menschen spätestens im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts danach drängten, als Hintersasse in Hirsau aufgenommen zu werden, lässt darauf schließen, dass man dies nicht als wirklichen Nachteil sah. Anscheinend auch nicht, dass man als Hinter­sasse weit weniger lokalpolitische Rechte und Einflussmöglichkeiten hatte als in normalen bürgerlichen Gemeinden. Auch die weitgehend fehlende Gelegenheit, sich durch einen landwirt­schaftlichen Nebenbetrieb gegen schlechte Zeiten abzusichern, schreckte die Menschen offenbar nicht ab. Ebenso wenig wie die zuneh­mend beengten Wohnverhältnisse oder die wachsende Gefahr, der Armut zu verfallen, vor allem als Textilhandwerker. Die Hirsauer Hintersassen müssen unterschie­den werden von den rechtlich und teilweise auch wirtschaftlich besser gestellten Unterta­nen der Amtsorte, vor allem den wenigen, die als Alleinerben, also als reiche Bauern mit armen Geschwistern, auf auskömmlichen klösterlichen Lehengütern auf dem Calwer Wald saßen. Diese selbstbewussten Unterta­nen scheinen auch weitgehend autonom vom Klosteramt gelebt und sich selbst verwaltet zu haben. So bieten des Herzogs Hirsauer Untertanen, vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein recht heterogenes Bild. Vom wohlhabenden Bauern bis zum bettelarmen Weber; vom Abt bis zur alleinerziehenden Mutter mit drei Kreu­zern Sozialhilfe pro Woche. Trotz dieser Besonderheiten in der Sozialstruk­tur und dem unterschiedlichen Grad der poli­tischen Einflussmöglichkeiten der Einwohner im Klosteramt Hirsau kann man wohl nicht davon sprechen, dass hier grundsätzlich andere Lebensumstände geherrscht hätten, der Alltag anders verlief als in den anderen,weltlichen Oberämtern des Herzogtums. Die erwähnten Ortsarmen, die unehelichen Kinder, der Streit zwischen Schreiner und Pfis­termeister, sind die dunklen Seiten des dama­ligen Lebens. Die unzweifelhaft vorhandenen schönen Seiten des Lebens an Schweinbach und Nagold in den guten alten Zeiten muss man sich bei den Hirsauer Untertanen des Herzogs selbst 24