Klaus PichlerZwei Württemberger im Ersten WeltkriegDie Lebensläufe von Leonhard Thaler und Eduard Conzvom Kaiser-Regiment 120„Die Ermordung des österreichisch-ungarischenErzherzogs und Thronfolgers Franz Ferdinand inSarajewo am 28. Juni 1914 führte am 28. Juli zurKriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien;dies aber entfesselte den Weltkrieg zwischen deneuropäischen Staaten und Völkern: Deutschlandund Österreich-Ungarn, den Mittelmächten,einerseits, und Russland, Frankreich, England,der Entente, andererseits. Die letztere erhofftevon diesem Kriege die Verwirklichung ihrer seitlangem gemeinsam aufgestellten und sorgfältigvorbereiteten Ziele: die Eroberung von Konstantinopel mit den Meerengen; die RückeroberungElsass-Lothringens; die Verdrängung Deutschlands vom Weltmeer und vom Welthandel. DieMittelmächte verfolgten keine derartigen Ziele;sie griffen notgedrungen zu den Waffen, um ihrenbedrohten Besitzstand und ihre schwer gefährdeteWelt- und Großmachtstellung zu verteidigen, siekämpften um ihr Leben.“So beginnt General Otto von Moser sein wahrhaft gewichtiges Buch(4,5 kg!) von 1927„DieWürttemberger im Weltkriege“, und er formuliert darin kurz und knapp – und bedenklichunvollständig – die Sicht der Dinge, die nichtnur in Württemberg, sondern auch im übrigenDeutschland die Einstellung zu diesem Kriegdominierte.Diese Zeilen beabsichtigen keine erneute Darstellung der hochkomplexen Vorgänge vor, imund nach dem Krieg, der im deutschsprachigenRaum unter der Bezeichnung„Erster Weltkrieg“und in Frankreich wie in England als„Der GroßeKrieg“ in Erinnerung geblieben ist. Hierzu seivor allem auf die 2013 bzw. 2014 erschienenenWerke von Herfried Münkler„Der Große Krieg“und – noch detailreicher – von Jörn Leonhard„Die Büchse der Pandora“ verwiesen, die kaumeinen Aspekt der Geschehnisse auslassen, vonnationalem Pathos weit distanziert bleiben, aberauch keinen Raum mehr für die These von der„Alleinschuld Deutschlands“ lassen, wie sie vonden Alliierten bei den Friedensverhandlungenvon Versailles durchgesetzt und in den 1960erJahren im Rahmen der„Fischer-Kontroverse“,einem Historiker-Streit, heftig diskutiert wurde.Gleichwohl müssen einige Fakten repetiert werden, die letztlich lebensentscheidend für diebeiden Soldaten werden sollten, denen dieserArtikel exemplarisch gewidmet ist. Da wärezunächst der Schlieffen-Plan zu nennen: Feinausgeklügelt sah er vor, wie mit einer hohenErfolgschance der„Erbfeind“ Frankreich in dieZange zu nehmen wäre. Auf diesen griff Helmuthvon Moltke(der Jüngere), 1914 Chef des Generalstabs, zurück. Aufgeteilt in sieben Armeen,63