Männerherzen.
„Das Frauenher; ist eine Eisenbahn,"
So sprach unlängst ein viclbcliebter Dichter; —
Und Ihr, gestrenge Herr',: und milde Richter,
Ihr hörtet es vergnügt und lächelnd an.
Glaubt Ihr, damit sey'S nunmehr abgethan? —
Ci, ei, da kennt Ihr uns, die Frauen schlecht:
Das letzte Wort wißt Ihr, ist unser Recht,
Und was ich damals laut gelobt im Namen Der Eisenbahnen und der Damen,
Am Männcrherzen blutig uns zu rächen:
Heut' halt' ich dieß echt-weibliche Versprechen,
Auf daß wir dann uns mit dem Sprichwort trösten, Dem alten: Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
„Ei, seht doch," hör' ich's flüstern, murmeln, zischen, „Worein will sich das Nasewcischen mischen?
Sie kennt ja nur vom Hörensagen Das Herz, das wir im Busen tragen,
Verborgen unter Sammet-Westen,
In goldnen Ketten eingcschlagcn." — — — — Geduld! Verehrte! — Euer Herz erscheint Am meisten dann, wenn Jhrs am mind'sten meint;
Es reist inkognito, doch cs vergißt,
Daß es bekannt schon allenthalben ist. —
Es läßt uns sagen: „Ich bin nicht zu Haus"
Und guckt dabei zum Augenfenstcr 'raus,
Es geht spazieren — oft mit dem Gewissen! —
Es tragt sich nach der Mode — jetzt zerrissen! —
Es lebt und stirbt, und lebt von Neuem aus,
Und kurz, es hat denselben Lebenslauf Das stolze Männerherz, den jeder Mann In sich erfahren und — verläugnen kann.
Ja, zieht Euch nur in des Bewußtseyns Schatten Zurück, und in die seidenen Kravatten,
Es hilft Euch nichts, auch Euer Herz muß d'ran. Thu' ich ihm Unrecht, — mögt Ihr mich belehren, Thu' ich ihm wehe, nun, Ihr dürft Euch mehren.
Um Männerherzen würdig zu vergleichen,
Wähl', ich mit Vorbedacht nur solche Zeichen,
Die sich für Männer ziemen — and're nie,
Als aus der Kavalier-Philosophie,
Und so das Nächste gleich herauszugreifcn-. —
Die Männerhcrzcn gleichen Tabakspfeifen.
Da gibt's zu selten und zu oft gebrauchte,
Mit Silber, sey es falsch, sey'S echt, bcscvlag'ne, Geschmackvoll oder häßlich angerauchte,
Für's Hans bequeme und zum Staat getrag'ne;
Die ist zu luftig, jene nicht genug,
Die hat zu viel, und die zu wenig Zug,
Die glimmt zu langsam, jene brennt zu rasch;
Zuletzt wird aller Glut ein Häuflein Asch'.
Dann braucht man nur die Asche anszuklopfen,
Um neuen Zündstoff nachzustopfcn! —
Das Männerherz, sag' ich zum zweiten Male,
Ist — eine Auster in der Schale.
So lange nur, als am Korallenriff Die Auster, in sich selbst verschlossen, schlief.
So lange lebte sie, war frisch und gut. —
Ein Männerherz, das unbewußt Noch schlummert in der jungen Brust,
Das ist allein das starke, wahre, feste Von allen Guten ist's das Beste. —
Sobald das grelle Tageslicht der Welt Verderbend in sein heil'ges Dunkel fällt,
Sobald der Hauch der Eitelkeit es trifft,
Ist's aus mit ihm, es stirbt an diesem Gift.
Dann will es sich mit hundert Siebensachen Später pikant und lieblich machen,
Zum Beispiel mit Citroncnsaft,
Den Thronen einer falschen Leidenschaft,
Mit Pfeffer oder Witz... Genug, Ihr Schwester», Wir dürfen sagen, ohne daß wir lästern:
Von solchen Dingen kann der schwächste Magen,
Zum Frühstück ein paar Dutzend schon vertragen.
DaS Männerherz — merkt wohl — denn auf einmal Werd' ich gerührt und ganz sentimental. —
Das Männerherz ist wie der keusche Mond,
Der hoch am blauen Frühlingshimmel thront! — Gelt, das ist neu? — Allein was Altes ist,
Obwohl so Mancher es vergißt:
Das Herz bedarf zu seinem Wechsel nicht Vier Wochen, wie der liebe, gute Mond,
Nein, sein Kalender schreibt das alt' und neue Licht Auf einen Tag an, das ist so gewohnt.
Sonst haben Mond und Herz dieselben Phrasen,
Ein Viertel Seufzer, und ein Viertel Rasen,
Dann plötzlich Finsterniß —
Die kommt gewiß Mit der Ehe Wehe!!!!!
Das Männerherz ist eine Taschenuhr,
Natürlich eine ganz moderne nur,
In Kettchen und Rädchen äußerst zierlich,
Gchäus und Zifferblatt, sehr manierlich,
Nicht mehr so massiv und so beschwerlich,
Wie ehedem ein Nürnberger Ei,
Aber dabei
Noch einmal so dauerhaft und ehrlich.
Seht: hier im Innern steht ihr Losungswort,
Wie echt französisch, so in Ton als Geist: „Lcbgxxement! — Was das auf deutsch doch heißt? Sie lachen, meine Herrn? — Pfui, Sie scherzen,
Jetzt dacht' ich an Cylinder, Sie an Herzen.
Doch Auster, Pfeife, Mond und Taschenuhr,
Sind für das Her; gar arme Bilder nur.
Nein — wenn ich's denn zum Schluffe sagen muß, Das rechte Wort, so sey cs schnell gethan,
War Frauen Herz einst eine Eisenbahn,
So ist jetzt Männerherz ein — Omnibus.
Als Kondukteur hockt hinten auf dem Tritt,
Gebückt und tief vermäntelt, der Verstand;