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Stein hatte erbarmen können, ob nicht Eine ihr Netz nach mir auswerfen wollte. Aber umsonst! sie mußten Alle von meinem tückischen Ausrufe gehört haben, denn so oft ich eine rechts anschaute, machte sic linksum, und ließ mich laufen. Es dauerte auch nicht lange, so ward ich wüthcnd, und indem ich wie eine grimmige Hyäne durch die Gassen schlich, beschloß ich, mich der ersten, schönen Halste auf den Hals zu stürzen, und scy sie gelb, wie eine Japanerin, oder schwarzroth wie eine Indianerin. So stieg ich eines schönen Morgens in den Omnibus, drückte mich in eine Ecke, und dachte an gär nichts, als ein neben mir sitzender Herr eine Zeitung aus der Tasche zog. Ich sah ein Bis­chen mit hinein, und das Erste, was mir in die Augen fiel, war eine Annonce folgenden Inhalts:Heiraths-Bu- reau. Herr Lepinay, seit lange bekannt wegen der Recht­lichkeit und Verschwiegenheit in seinem Geschäfte, macht einem verehrten Publikum bekannt, daß er so eben wieder mit einigen Heirathsanträgcn von Seiten begüterter Damen beehrt worden ist. Alle die, welchen ihre Verhältnisse eine Verchlichung wünschcnswcrth machen, und namentlich junge Herrn oder Wittwcr aus guten Familien, deren Acußeres, so wie ihre Bildung und Stellung im Leben einer Dame von Stande und Vermögen convcnircn könnten, mögen sich mit vollstem Vertrauen an dicß Bureau wenden.

Lontevsrcl tVIontmsiire dir. . . ."

Was bei Lesung dieser kostbaren Annonce in mir vor- gieng, läßt sich denken. Mit den Worten:Oh Char- lanterie; ich bleibe ledig!" riß ich meinem Nachbar daS Blatt aus der Hand, stellte mich, als sähe ich über die Annonce verächtlich hinweg, und las sie wenigstens acht- zchnmal durch, bis ich sie auswendig wußte. Zum Ueber- flusse aber schrieb ich mir die Hausnummer ein Halbdu­tzendmal in meine Schreibtafel, sprang dann wie ein Be­sessener aus dem Wagen, und rannte schnurstracks in's Caffee tVlontmsrtre. Hier bestellte ich Znckcrwasscr, denn ich war vor Heirathsbegierde einem Schlagflusse so nahe, als ein Rockknopf dem andern, und trat mit wundervollem und selbstgefälligem Lächeln vor den Spiegel. Nie war ich mir interessanter vorgekommen, als in diesem Augen­blick. Das Pfandhaus hätte mir kühn eine halbe Million auf meine Schönheit bieten können, ich sah mich be­reits am Arme einer Gräfin oder Prinzessin mit einer Kleinigkeit von 40,000 Francs Renten herumwandeln, blicß mich auf wie ein nackdcnkender Frosch, und unter­schrieb mit den Wortenich bleibe ledig" in Gedanken meinen, Heirathscontract. Mit großen Schritten maß ich während einer halben Stunde das zweite Casscczimmer, recitirte leise meine unschätzbare Annonce, probirte, ob ich die Hausnummer gehörig auswendig wisse, und beschloß, endlich, das Heirathsburcau noch an demselben Tage mit meiner Gegenwart zu beglücken. Ich war rein wie um­gewandelt. Einen Schneider, gegen den ich stets sehr höflich und zuvorkommend war, und der mir am Mittage ein sehr theures Rechnungsgemälde zur Ansicht vorlegte, behandelte ich so barsch als möglich, warf ihm 50 Francs vor die Füße, und versetzte auf seine Anfrage, ob ich nicht waS

Neues" brauchte, mit stolzer Stirne:Ziehe ab, o thcurcr' Klcidcrfürst! bald sollst du mehr hören!"

Der brave Mann, der nicht wußte, daß hiermit die 40,000 Francs Renten gemeint scyen, blickte mich mit ei­ner Miene an, als wolle er sagen bei dem spuckts," und zog wchmüthig ab. Ich aber warf mich in meinen besten S'aat, flüsterte mir vor dem Spiegel zu:wer kann Dir widerstehen? warf mich fünf Minuten spater in einen Wagen, und ließ die cdeln Stadtgäulc ins gelobte Land, nämlich nach dem bouieviircl iviontmartro zu Herrn Lepi­nay traben. Ankommen, ausstcigcn, klingeln, die Treppe hin- ausstürzcn, den Schnurrbart streichen, und in's Bureau flie­gen, war das Werk eines Momentes. Auf meine Frage nach Herrn Lepinay eilte das Dienstmädchen mit sonderba­rem Lächeln in ein Nebenzimmer, kam wieder, setzte mir mit noch sonderbare«« Lächeln einen schön gepolsterten Stuhl vor, und gieng, indem sie mit dem sonderbarsten Lächeln sprach:Herr Lepinay wird sogleich erscheinen, mein schöner Herr!" Auf das Wortschön" legte sie einen gewissen seltsamen Ausdruck, so wie wenn sie hätte sagen wollenvernagelt!" ich aber nahm schön für schön, warf mich in die Brust, nahm eine Miene an, als hätt' ich die Erdkugel in der Westentasche, recitirte aber­mals meine Annonce, und durchflog neugierig das Zimmer.

Alles in der feinsten Eleganz. Türkischer Teppich am Fußboden, Pfcilerspicgcl, ( ich sah hinein, als ob ich mit meinen Augen das Glas zerschmettern wollte), zweiSopha's -> ^ tlliinoize,große, damastne Vorhänge,

ächt Mahagony-Möbel, ein Erard'scher Flügel,

kurz, ich fand auf der Stelle, daß hier ganz der Ort sey, sich Prinzessinen zu erobern, und überzahlte im Geiste meine Landhäuser, nebst Schafen, Rindvieh und Müller­eseln, so daß ich mich selbst vergaß, und wie ein Trunke­ner den Herrn Lepinay erwartete.

Da gieng die Thüre auf, und herein trat der Große. Ein Männchen von vier Schuh Höhe, mit dreieckigem Ge­sichte, stumpfer Kegclnase, kleinen Hamsteraugen, niederer Stirne, breitem, aufgeworfenem Munde, spitzem Zuckcrhut- kinn, in schwarzen kurzen Beinkleidern, ditto Kamäschcn, ditto Frack, sonst sehr elegant und mehr als höflich, be­grüßte mich, strich sich die Pcrückenhaare gen Osten, nahm neben mir Platz, und sprach mit einer dünnen, nichtssa­genden Stimme, die mir durch Mark und Bein gieng: guten Tag, mein schöner Herr; Sie wollen gewiß j eine Frau?"Ich bleibe ledig!" wollte ich rufen, aber das Wort blieb mir im Halse stecken, wie ein Vier- undzwanzigpfünder, und statt dessen flüsterte ich, indem ich so roth ward, als der Anstand cs zulicß:Hm! Hm! Hm! i nun, ich dächte, ich möchte, da ich glaube, indem ich, vermuthc, ja, sehen Sic!"-Diese aus­

gezeichnet logische Antwort, schien ihn tief zu rühren. Er zog das Schnupftuch, holte sich zwei Thräncn aus den Augen, stand auf, nahm ein großes Buch, blätterte darin herum, indcß mir der kalte Schweiß auf die Stirne trat, und fragte endlich nach meinem Stand, Geschäfte, (>-äurts- ort und ähnlichen weltwichtigcn Dingen. Ich beichtete

wie ein armer Sünder griff von meinen Taler müßten, wenn das wl binnen drei Minuten Strichen im Hauptbuck unter demHaben," dasSoll," den Na halbes Dutzend Mühifl verklärt stand ich, als Foliobuch zuklappte, w wandte:die Sache w für Sic; bereiten Luc Familien Angeführt zu der Brust herum, wi Bewegung, icb sah mn Rosenlippen hangen, umarmt, wenn er nie einen Zusatz abgekühlt zelnd zu mir, ergriff n meine beiden Hände, ur innigsten Freundschaft Geld bei sich?"tz mir jedes seiner Wort blieb;wie so? o

Um fuhr Li treffen, bedarf cs einig chen der Gräfin. Z> Equipage zu solchen lumpige 200 Francs Sie diese entrichtet hal sen eilen, denn die edl«

Manne."-Vcr

mechanisch fuhr ich i Napoleon hervor, und den Hände des großen Tasche verschwinden li schneller, als er sich zr den Worten:in acht in diesen acht Tagen z so viel Menschenliebe 800,000 Francs zu sck die heißersehnte Stundi dem Bureau. Herr Li Guten Morgen, mein

Da stand ich, wie hätte.Noch nichi wiederholte Lepinay: l

Er ließ mich stehen wie eine lahme Schild!

Noch acht Tage, n Verzweiflung, und a treppe mit neuem Mu im Zimmer des Herrn Herrn, von sehr elcgai tritt scharf musterte, n Er war noch nicht hir