Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71 Diesen schildert Friedrich Rückert in einem von Friedrich Silcher vertonten Gedicht: Der alte Barbarossa der Kaiser Friedrich im unterirdschen Schlosse hält er verzaubert sich. Er ist niemals gestorben, er lebt darin noch jetzt; er hat im Schoss verborgen zum Schlaf sich hingesetzt. Er hat hinabgenommen des Reiches Herrlichkeit und wird einst wiederkommen mit ihr, zu seiner Zeit. Er nickt als wie im Träume sein Aug halb offen zwinkt; und je nach langem Raume er einem Knaben winkt. Er spricht im Schlaf zum Knaben: Geh hin vors Schloss, o Zwerg und sieh, ob noch die Raben herfliegen um den Berg. Und wenn die alten Raben noch fliegen immerdar, so muss ich auch noch schlafen verzaubert hundert Jahr. Der verstorbene Herrscher aus Preußen wurde als neuer Barbarossa interpretiert, der das Reich rettete und nun seinerseits dort schläft, bereit, erneut einzugreifen, falls dieses in Not gerät. Grob missbrauchten die nationalsozialistischen Machthaber diesen Mythos von der Rettung des Reiches, als beimUnternehmen Barbarossa am 22. Juni 1941 auf 2000 km Frontlänge die Geschütze losbrüllten und zum Überfall auf die Sowjetunion die Panzermotoren angeworfen wurden. Dieses Unternehmen Barbarossa besie­gelte den Untergang des Dritten Reichs. Nach dem Mythos und dem Denkmal benannte sich seit 1900 der Kyffhäuser-Bund der deut­schen Landes-Kriegerverbände. Den Kriegerver­einen war es zunächst hauptsächlich um Gesel­ligkeit und Pflege von Kameradschaft, Fürsorge für Versehrte und Hinterbliebene, Errichtung von Gedenkstätten usw. gegangen. Aber schon im Kaiserreich wurden die rechts-konservativen Das Kyffhäuser-Denkmal. Unten sitzt der schlafende Barbarossa, über ihm reitet der erste Kaiser des Deutschen Reiches Wilhelm I. in wolkige Weiten. 187