Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71Erst nach dem kompletten ZusammenbruchDeutschlands mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs fanden sich 1945 katholische Zentrumspolitiker und evangelische Christen zusammen.Mit dem Ziel, an einem demokratischen politischen und sozialen Neuanfang zusammen zuarbeiten, wurde die Christlich-DemokratischenUnion Deutschlands gegründet. In der Gesamtwürdigung der CDU kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch sie die Glättung desKonfessions-Risses weit vorangekommen ist.Als mit dem Kriegsende 1945 die alten Bindungen sowohl von Protestanten wie von Katholiken an den Staat zerbrochen waren, bestand die Hoffnung, einen Strich unter dieVergangenheit zu ziehen. Einen eindrucksvollenSchritt gingen die Vertreter der BekennendenKirche in ihrer„Stuttgarter Erklärung“ vomOktober 1945:„Wir klagen uns an, dass wir nichtmutiger bekannt, nichttreuer gebetet, nichtfröhlicher geglaubt undnicht brennender geliebthaben.“Schon während des Krieges von 1866 hattensich Unterstützungsvereine für verwundeteKrieger zusammengefunden, so auch in Calw.Beim Deutsch-Französischen Kriege kam eslandauf-landab zu einem neuen Gründungsschub. Es bildeten sich„Kriegervereine“, diemit Fahnen, Aufmärschen,„Ehrenjungfrauen“und patriotischen Reden auf sich aufmerksammachten. Das im Kern sehr heterogene neuedeutsche Kaiserreich benötigte dringlich einigende patriotische Narrative, was sich unteranderem in der Einrichtung von Gedenkstättenniederschlug. So entstanden über Rüdesheimdas Niederwald-Denkmal, an der Porta Westfalica ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal, dazu diverse Reiterstandbilder des Kaisers, und imTeutoburger Wald wurde das Hermann-Denkmal fertig gestellt.Martin Niemöller strebteeine Abkehr von der bisherigen staatsnahen Kirchenorganisation und eine Kirche„des brüderlichen Lebens“ an. Auchdie jungen Katholiken inder frühen Bundesrepublik suchten Distanz zurStaats- und Wirtschaftsnähe ihrer Kirchenorganisationen, wie dies inNiederwald-DenkmalHeinrich Bölls„Brief aneinen jungen Katholiken“(1958) und im Roman„Ansichten eines Clowns“(1964) deutlichwird. Allerdings erfüllten sich diese Hoffnungennicht. Schließlich sicherten die stabilen Beziehungen zum Staat Einflussmöglichkeiten und –nicht zuletzt – durch die Kirchensteuern einebequeme finanzielle Basis. Immerhin suchtendie Kirchen nach und nach mehr Distanz.Aus den Reihen der Landeskriegerverbände kamder Anstoß, dem 1888 verstorbenen preußischenKönig Wilhelm und ersten Kaiser des neuenDeutschen Reiches, ein Denkmal auf demKyffhäuser zu errichten, das dann 1896 eingeweiht werden konnte. Dabei griff man auf denMythos des im Berg schlafenden Kaisers Barbarossa(Friedrich I., reg. 1152-1190) zurück.186