Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71Dass aus Bayern, Badenern, Pfälzern,Hessen und Schwaben keine PreußenFans wurden, liegt auf der Hand. Sogewann auch der von Bismarck gewünschte Süddeutsche Bund als Pendant zum übermächtigen Norddeutschen Bund nie richtig Leben. Dagegen feierte die liberale Presse Berlinsdas„gänzliche Ausscheiden Österreichs aus Deutschland“ als großesEreignis:„Dies ist der Schritt, mitdem erst ganz und vollständig dasMittelalter … beseitigt wird … undwir stehen vor der Möglichkeit, einendeutschen Nationalstaat zu errichten.Wir können deutscher sein, als esunseren Vorfahren vergönnt war.“Anders als im Süden wurde der kulturelle Verlust nicht erkannt.Und die Ausgabe vom Samstag, dem 23. Juni1866 stellt glasklar den Kern des Problemsheraus:In Württemberg(wie auch in Bayernund Baden) orientierten sich die Regierungen zwangsläufig zunehmendan Preußen. Die weitgehend geschlossene antipreußische Haltung der Bürger beeinflusste dies kaum. Insgesamtverfestigte sich das aristokratisch-monarchistische Herrschaftssystem nocheinmal. Die Junker-Gesellschaft insbesondere im ostelbischen preußischen Stammland, zu der ja auch Bismarckgehörte, konnte ihre Privilegien verteidigen. Ander Erbuntertänigkeit und Leibeigenschaft preußischer Landarbeiter ändertesich faktisch nichts. DieÜberschätzung von Militärischem dehnte sich auch inden Süden Deutschlandsaus, fasste hier aber nie sorichtig Fuß. Von preußischer Schneidigkeit bliebsie ziemlich entfernt.Aber zweifellos brachte derKrieg von 1866, der auch als„Revolution von oben“ gesehen wurde, Deutschland180