Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71Baden, Hessen, Nassau, Sachsen-Meiningen, dieFreie Stadt Frankfurt und natürlich das Königreich Württemberg. Aus diesen rekrutierte sichdas Bundeskorps. Liechtenstein, Luxemburgund Limburg schlossen sich nicht an. Somitmüsste die korrekte Bezeichnung für diesenKonflikt eigentlich„Krieg Preußens gegen denDeutschen Bund“ lauten.Bismarck hatte günstige Voraussetzungen geschaffen: Gestützt auf den am 8. April 1866geschlossenen und klar gegen die Bundesakte desDeutschen Bundes verstoßenden Preußisch-Italienischen Allianzvertrag konnte die Donaumonarchie simultan auf zwei Kriegsschauplätze gezwungen werden, wobei es Italien um Venetienmit Friaul ging. Aber auch Österreich hatte sichrückversichert: Ein Geheimvertrag mit NapoleonIII. legte Frankreich im Kriegsfall auf Neutralitätfest, wobei der Preis ebenfalls in der AbtretungVenetiens bestand.Es kam zu einer Reihe von Gefechten, die hiernicht nachgezeichnet werden sollen. 600 000Mann auf Seiten des Bundesheeres standen etwa500 000 Preußen und Verbündete gegenüber.Trotzdem blieben die Preußen – bis auf dieSchlacht von Trautenau(Trutnov, Böhmen) –stets Sieger auf den Kampffeldern. Den Ausschlaggaben die überlegene Militärtechnik der Artillerieund die neuen preußischen Zündnadelgewehre,die fünf Schuss in der Minute abfeuern konnten,gegenüber dem einen Schuss der Vorderlader desBundesheeres. Auch die württembergische Division, die zusammen mit den badischen undhessischen Truppen sowie einigen weiteren Kontingenten das VIII. Bundesarmeekorps stellte,wurde in Gefechte verwickelt. So kam es, obwohlbereits am 3. Juli 1866 bei Königgrätz(HradecKrálové, Böhmen), die Entscheidung gefallenwar, am 24. Juli 1866 zu einem blutigen Gefechtum die Tauberbrücke von Tauberbischofsheim,in dem 684 Württemberger und 126 Preußenfielen oder verwundet wurden.Nach dem Krieg annektierte Preußen außerSachsen alle gegnerischen Staaten nördlich desMains einschließlich der Freien Stadt Frankfurt.Sie wurden zum„Norddeutschen Bund“ vereinigt, faktisch einem enorm erweiterten Preußen.Für diese gewaltsame Machtübernahme gab esweder eine monarchische noch gar demokratische Legitimation. Das entscheidende Zugeständnis hatte Bismarck schon im Vorfriedenvon Nikolsburg(Mikulov, Südmähren) erreicht,als die habsburgische Seite akzeptieren musste,aus Deutschland hinausgeworfen zu werden. ImFrieden von Prag vom 23. August 1866 erfolgtedie endgültige Festschreibung. Aus den deutschen Kulturträgern Grillparzer, Mozart,Haydn, usw. wurden per Federstrich Österreicher. Klaus-Jürgen Bremm zitiert in seinemBuch den 74-jährigen Franz Grillparzer, der dasErgebnis des Deutschen Krieges so kommentierte:„Als Deutscher ward ich geboren, bin ichnoch einer? Nur was ich Deutsches geschrieben,nimmt mir keiner.“Die sonstigen Friedensbedingungen bliebengemäßigt, sah Bismarck doch im habsburgischen Reich einen zukünftigen Bundesgenossen. Venetien ging wie vorgesehen indirekt(über Frankreich) an den neuen 1861 geborenen italienischen Nationalstaat. Den süddeutschen Staaten, so auch Württemberg, nötigtePreußen geheime Schutz- und Trutz-Bündnisseauf.Was unsere Zavelsteiner und BreitenbergerAusmarschierten bewegte, lässt sich leider nuransatzweise rekonstruieren. Vor allem dürftensie heilfroh gewesen sein, wieder ohne schwereBlessuren zu ihren Familien zurückzukehren zukönnen. Blättert man durch die Ausgaben vom„Calwer Wochenblatt“ aus dieser Zeit, wirddeutlich, wie detailliert über die Entwicklung indieser Auseinandersetzung informiert wurde.Die Bismarck‘sche Politik einschließlich diesesKrieges billigte das restliche Deutschland nichtim Entferntesten. Was man davon hielt, wirdexplizit deutlich in einem Gedicht von ArthurFreiherr von Deich, das in der Ausgabe vomSamstag, dem 2. Juni 1866, im Calwer Wochenblatt veröffentlicht wurde:179