Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71Wenn in Flammen stehen Kirche, Schul und Staat,Kasernen untergehen, dann blüht unsre Saat.Ja 33 Jahre währt die Knechtschaft schonNieder mit den Hunden von der Reaktion.An den Darm der Pfaffen hängt den EdelmannLaßt ihn dran erschlaffen, hängt ihn drauf und dran.Ja 33 Jahre währt die Knechtschaft schonNieder mit den Hunden von der Reaktion!Die„Hunde von der Reaktion“ hatten 1848zunächst als Ventil eine verfassungsgebendeVersammlung in der Frankfurter Paulskirchezugebilligt. Sie setzte sich aus nach dem allgemeinen Männerwahlrecht bestimmten Vertretern aller deutschen Staaten einschließlichÖsterreichs zusammen. Das Ziel, zu einernationalstaatlichen Einheit unter einer demokratisch-konstitutionellen Monarchie zu finden, scheiterte jedoch an den Machtverhältnissen.Unter den die Oberhand behaltenden absolutistischen Monarchien konkurrierten die Hegemonialansprüche. Einem militärisch und administrativ hoch entwickelten kleinen protestantischen Preußen stand der gigantische habsburgische, in der katholischen Tradition verwurzelteVielvölkerstaat mit zwar gewaltigen Ressourcen,aber einer schon durch die schiere Größe überforderten Administration und überholten Militär-Organisation gegenüber. Für den Dualismuseiner klein- versus großdeutschen Option, alsoeinem deutschen Nationalstaat ohne oder mitÖsterreich hatte auch das Paulskirchen-Parlament nicht vermocht, eine überzeugende Lösunganzubieten.Otto von Bismarck aus dem aristokratisch-konservativen Lager wurde 1862 von Wilhelm I.zum preußischen Ministerpräsidenten berufen.Für ihn gab es nur einen Weg, den er schon 1862in einer Rede zum preußischen Militärbudgetklar skizzierte:„Nicht auf Preußens Liberalismussieht Deutschland, sondern auf seine Macht.[…] Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeitentschieden[…] – sondern durch Eisen undBlut.“Die Gelegenheit zur Klärung ergab sich nach demDeutsch-Dänischen Krieg. Die Dänen hattenversucht, durch eine Truppenentsendung dieHerzogtümer Schleswig, Holstein und SachsenLauenburg zu annektieren, was der DeutscheBund mit einer„Bundesexekution“ beantwortete,einem gemeinsamen Feldzug von Habsburgernund Preußen. Mit der Erstürmung der„DüppelerSchanzen“ durch preußische Truppen am 18.April 1864 war dieser Konflikt schnell entschieden. Preußen erhielt Sachsen-Lauenburg undSchleswig, Österreich verwaltete Holstein.Die Besetzung Holsteins durch die Preußen am9. Juni 1866 wurde der formale Anlass zu jenemals„Deutscher Krieg“ bezeichneten Konflikt, inden mit Württemberg auch die 11 Soldaten ausdem alten Kirchspiel Zavelstein und die Breitenberger Kämpfer hineingezogen wurden. Allerdings erscheint diese Benennung neben einerReihe von anderen Bezeichnungen(Deutschbzw. Preußisch-Österreichischer Krieg, DeutschDeutscher Krieg, Einigungskrieg, usw.) mehroder minder irreführend. So gab es zu jener Zeitzwar eine Reihe deutschsprachiger Fürstentümerund Stadtstaaten, aber keinen eigentlichen deutschen Staat. Auf der anderen Seite gehörte zumHabsburgerreich neben Österreich eine Reihevon nichtdeutschen Staaten.Als Reaktion auf Preußens widerrechtlichesVorgehen beschloss der Bundestag(Gremiumdes Deutschen Bundes, in dem alle Mitgliedervertreten waren) auf Antrag Österreichs eineBundesexekution gegen Preußen, die mehrheitlich angenommen wurde. Nicht das habsburgische Österreich, sondern die restlichen Mitglieder des Deutschen Bundes nach AustrittPreußens und seiner Verbündeten bildeten somitden eigentlichen Gegenpart. Hierzu gehörtenneben Österreich die Königreiche Bayern undSachsen, das beim Wiener Kongress 1814 entstandene Königreich Hannover(schied baldaus), die Großherzogtümer bzw. Herzogtümer178