Hermann Ehmer · Johannes Brenz und der Schwarzwald angeboten. So wollte ihn Herzog Ulrich von Württemberg 1534 für die Reformation seines Landes gewinnen, doch ließ ihn der Haller Rat nicht ziehen. Immerhin erhielt Brenz 1537/38 für ein Jahr Urlaub, um einen Lehrauftrag an der Tübinger Universität wahrnehmen zu können. 1543 wurde Brenz in Hall auf Lebenszeit angestellt. Brenz auf der Flucht Brenz’ lebenslängliche Anstellung in Hall endete schon fünf Jahre später, als er unter dramatischen Umständen an seinem 49. Geburtstag, dem 24. Juni 1548, die Stadt verlassen musste. Vorausgegangen war der Schmalkaldische Krieg 1546/47, in dem der Kaiser die im Schmalkaldischen Bund zusammengeschlossenen evangelischen Fürsten, Herren und Städte besiegte. Der Feldzug des Kaisers hatte diesen auch über Schwäbisch Hall geführt, wobei Brenz in Gefahr kam, die Stadt verlassen musste, alsbald aber wieder zurückkehren konnte. Auf dem Augsburger Reichstag 1548 versuchte der Kaiser dann die Religionsfrage zu lösen, indem er das„Interim“ erließ. Dies war eine Kirchenordnung, die die evangelischen Kirchen wieder zum hergebrachten Kultus zurückführen sollte. Diese Ordnung sollte nur interimistisch gelten, bis ein Konzil Endgültiges beschließen würde. Nun mussten die Pfarrer, die das Interim nicht annahmen, entlassen und die Messe wieder eingeführt werden. Brenz wandte sich öffentlich gegen das Interim, weshalb von der Reichsstadt Hall seine Auslieferung gefordert wurde. Durch einen aus der Ratssitzung geschmuggelten Zettel wurde Brenz gewarnt und konnte aus der Stadt entkommen. In einem Abschiedsbrief an den Haller Rat vom 12. September 1548 5 empfahl er Frau und Kinder dessen Obhut, wohl auch in der Hoffnung, dass sich die Verwandtschaft ihrer annehmen werde. Brenz war zunächst nach Württemberg gegangen; 6 vermutlich hatte ihm der Herzog schon vorher ein Asyl zugesichert, zumindest konnte er aufgrund seiner früheren Tätigkeit im Land hoffen, dass der Herzog ihm helfen würde. Über sein weiteres Ergehen berichtete Brenz am 17. September 1548 dem Nürnberger Freund und Kollegen Veit Dietrich. Dieser und die folgenden Briefe 7 an Dietrich berichten von Brenz' Exil und sind bemerkenswert durch ihre konspirative Sprache, da manche Namen und Orte nur angedeutet werden, damit der Inhalt, wenn diese Briefe aufgefangen wurden, nicht ohne Weiteres verständlich war. Die griechische Bezeichnung„autokrator“ für den Kaiser ist noch am leichtesten zu verstehen. Herzog Ulrich von Württemberg hingegen nennt Brenz in diesen Briefen nur seinen„Abdias“; er vergleicht ihn also mit dem Hofmeister Obadja, der die Propheten des Herrn versteckte und versorgte, als sie von König Ahab und seiner Frau Isebel verfolgt wurden(1. Könige 18, 4). Brenz sollte zuerst auf der Burg Württemberg untergebracht werden,"auf der Burg, von der das Land seinen Namen hat", wie er in seinem Brief den Ort umschreibt. Er wurde dann aber nach Hohenwittlingen, bei Urach auf der Schwäbischen Alb, gebracht. Hierfür soll Herzog Ulrich, wie Heerbrand erzählt, 8 seinem Sekretär den Auftrag gegeben haben, Brenz zu verstecken, jedoch ohne ihn den Bergungsort wissen zu lassen. Als der Kaiser am 22. August von Ulm nach Esslingen kam, ließ er die Burg Württemberg durchsuchen, nachdem Herzog Ulrich dies gestattet hatte, nicht ohne sich zuvor zu vergewissern, dass Brenz sich nicht auf dieser Burg befinde. Da Brenz sich aber auf Hohenwittlingen aufhielt, war er somit zum zweiten Mal einer großen Gefahr entronnen. Weil Herzog Ulrich sich seiner angenommen hatte, konnte Brenz den Rufen nach Magdeburg, nach Preußen und Dänemark, die ihm offenbar von Veit Dietrich übermittelt worden waren, nicht Folge leisten. Wie Heerbrand 9 berichtet, soll ihm auch König Eduard VI. von England, bei dem später Martin Bucer Aufnahme fand, eine Stelle angeboten haben. Herzog Ulrich 23