Hermann Ehmer · Johannes Brenz und der Schwarzwald fakultät ihren Hörsaal für eine Disputation Luthers zur Verfügung, die am 26. April statt­fand, und bei der auch die Professoren der theologischen Fakultät teilnahmen. Luther sprach hier nicht über den Ablass, sondern stellte seine neue Theologie vor. Es ging um die Klärung der Frage, ob der Mensch von sich aus die Gerechtigkeit vor Gott bewirken kann. Luther stellte dar, dass der Mensch allein auf die göttliche Gnade angewiesen ist, die durch Chris­tus vermittelt wird. Während die Heidelberger Theologie-Profes­soren Luthers Ausführungen ablehnten, äu­ßerten die Studenten hingegen Zustimmung. Der spätere Straßburger Reformator Martin Bucer suchte, begleitet von Brenz, Luther an­derntags noch einmal auf, um sich weiter mit ihm zu besprechen. Dies war der Beginn einer lebenslangen engen Verbindung zwischen Lu­ther und Brenz, 4 zugleich aber auch das Ereignis, das Brenz zum künftigen Reformator machte. Brenz als Reformator der Reichsstadt Schwäbisch Hall Brenz war in Heidelberg alsbald als Anhänger Luthers bekannt. Nach dem Wormser Edikt 1521, durch das der Kaiser die Lehre Luthers verboten hatte, sah sich Kurfürst Ludwig II. von der Pfalz veranlasst, 1522 ein Verbot gegen Winkelpredigten und Vorlesungen an unüblichen Orten zu erlassen. Damit war in erster Linie Johannes Brenz gemeint. Doch er hatte zuvor schon, am 8. September 1522, seine Probe­predigt in Schwäbisch Hall gehalten. Brenz war nämlich von seinem Studi­enkollegen Johann Eisenmenger oder Isenmann auf die Stelle des Predigers an St. Michael, die der Rat zu verge­ben hatte, empfohlen worden. Johannes Brenz. Holzschnitt eines unbekannten Meisters. Das ein­zige authentische Bild von Brenz ist als Frontispiz den 1576-1590 bei Gruppenbach in Tübingen erschienenen acht Bänden der Ausga­be seiner Werke vorangestellt. Als Prediger begann Brenz mit der Reformation der Reichsstadt. Er wur­de alsbald über Hall hinaus bekannt und um seinen Rat bei der Reforma­tion anderer Territorien gebeten. So zog ihn Markgraf Georg von Branden­burg bei der Reformation der benach­barten Markgrafschaft Brandenburg­Ansbach und-Kulmbach bei, ebenso die Reichsstadt Nürnberg. Auf Veran­lassung des Markgrafen wurde er zu dem Marburger Religionsgespräch zwischen Luther und Zwingli im Oktober 1529 eingeladen und trat damit in die Reihe der führenden evangelischen Theologen ein. Brenz nahm daher an allen Reichstagen und Religionsgesprächen teil und bekam natürlich auch von auswärts Stellen 22