Uli Blumenthal · Der„Schwanen“, alias„Hôtel Weil“, alias„Hotel Metropol“sigen Schochet“„für die nächste Saison fürWildbad“.161898 kündigte Weil die Eröffnung seines„neuen, nochmals vergrößertenHôtels“ zu Pfingsten an, mit koscherer Kücheund eigenem Schächter; die Saison dauertedamals laut der Annoncen von Mai/Juni bis inden September hinein. Im großen Betsaal desHotels war der Schächter zuweilen auch als„Chasan“(Kantor) beim Gottesdienst beschäftigt. Die„streng rituelle“ bzw. koschere Küchewurde den Gästen immer wieder empfohlen17;im Baugesuch von 1896 war im 1. Stock desöstlichen Hotelbereiches ein ca. 12 mal 7,45m großer Saal als„Synagoge“ ausgewiesenworden. Dieser war offensichtlich mit einemwertvollen„Pitchpine-Boden“(Pechkiefer)ausgestattet.18Im Wildbadführer 1901 wirbt„Besitzer: E.Weil Offenburg und Wildbad“ für sein Hotelmit einem„Betsaal im Hause“.191902 annoncierte Weil:„Für kommende Saison habe icheinen neuen ebenfalls streng religiösen Schochet engagiert, der als solcher die Autorisationmehrerer der orthodoxesten Rabbiner Deutschlands und der Schweiz besitzt." 1905 hatte sichdas Hotel der Aufsicht des„Vereins zur Förderung rituelle(r) Speisehäuser“ unterstellt und1924 stand es„unter Aufsicht von SeinerEhrwürden Herrn Rabbiner Dr. Schweizer,Horb am Neckar". In den Badblättern 1914und 1918 wird neben evangelischem undkatholischem auch der israelitische Gottesdienst im Hotel Weil bekannt gegeben. Undim„Fremdenführer durch Wildbad i. württembergischen Schwarzwald“ lesen wir Ende derZwanzigerjahre unter dem Stichwort„Gottesdienst“:„Israelitischer Gottesdienst, Freitagabends 7 Uhr, Samstag vormittags ½9 Uhr.Betsaal: Hotel Weil“.201926 beschrieb KarlFlum den Gang durch die Wilhelmstraße im„Humoristischen Wildbadführer“ in etwasholprigen Versen:„Gegenüber[dem Bahnhofshotel, später Hotel Frey oder Vier Jahreszeitengenannt, der Verfasser] siehst Du´s Hotel Weil– kannst koscher dort speisen, und gut Dichauch erholen, eh weiter tust reisen.“21Das Hotel wechselt Namen und Besitzer1907 hatte der 29jährige Kaufmann IsmarEbstein Elias Weils drei Jahre ältere Tochter Idageheiratet – es ist anzunehmen, dass er imFamilienbetrieb mitarbeitete. 1909 wurde SohnAlfred Alexander geboren. 1910 erscheint alsBesitzer im Wildbadführer noch E. Weil,gemeint ist offensichtlich der oben schonerwähnte Elias Weil. Nachdem dieser 1912 inWildbad verstorben war, taucht dann 1914 I.Ebstein in der Neuauflage des Fremden-Führersfür Wildbad zum ersten Mal als Besitzer offiziellin Erscheinung. Laut Adressbuch von 1925wohnte der„Hotelier“ zusammen mit dem KochMatthäus Fischer im Hotel Weil.22Nach der Übernahme des„streng rituellgeführte(n) Hotel(s)“ durch den FreudenstädterB. Zeitlin, wurde es 1927 nach einer durchgreifenden Renovierung am 4. Juni„mit einer Feiereröffnet, der neben zahlreichen Kurgästen undEinwohnern, Vertreter der Aerzteschaft, derStadt- und Badebehörden beiwohnten. HerrStadtschultheiß Baetzner sprach Herrn Zeitlindie Glückwünsche der Stadt zur Eröffnung aus.Er gab der allgemeinen Befriedigung Ausdruck,dass das Hotel seinem ursprünglichen Zweckeerhalten bleibe und in seiner neuen Gestalt fürdie zahlreichen israelitischen Kurgäste Wildbads,die einen wichtigen Teil des hiesigen Kurlebensbilden und sehr willkommene Gäste seien, einealle Ansprüche befriedigende Gaststätte sei. Dievorzügliche Küche und die ganze Aufmachungund Anordnung bei der heutigen Feier beweisen,dass das Hotel jetzt in den Händen eines tüchtigen und erfahrenen Fachmannes sei, dem derErfolg nicht ausbleiben werde."23Mit dem Besitzwechsel des Hotels 1927 kehrteIsmar Ebstein in seinen Heimatort Offenburgzurück und fand als Wein- und Zigarrenvertretersein Auskommen.24Auch in den folgendenJahren fand der israelitische Gottesdienst lautFremdenführer sowie der Badblätter im Betsaaldes Hotels„Metropol, vormals Weil“ statt.25Obes an der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise183