Fritz Barth · Vom Regimegegner zum Bürgermeister Calmbachsmen ergreifen konnte, beispielsweise ihre Einlieferung ins Krankenhaus. Von den NSDAP-Ortsgruppenleitern Wengert, Burger und Proß istnicht bekannt, dass sie auf die Abholung vonVera Müller drängten.Unerklärlich ist, wie Robert Müller nach seinerSchutzhaft ohne größere Belästigung durch dieNS-Zeit gekommen ist. Dies gilt auch für seineFrau Vera, die nicht deportiert wurde. Für dieörtlichen NS-Funktionäre waren in der Hochstimmung der ersten Jahre der nationalsozialistischenHerrschaft die Handvoll Hitlergegner ungefährlichund wurden geduldet. Während im zu Endegehenden„Dritten Reich“ bei den NS-Verantwortlichen wohl auch Rückversicherung für einebessere Behandlung nach dem absehbaren Zusammenbruch ihrer Herrschaft anzunehmen ist. Biszur Besetzung durch französische Truppen, lebtenRobert Müller und seine Frau in Furcht vor einemAnschlag von Seiten der NSDAP.Nach dem EinmarschAm 14. April 1945 wurde Calmbach durchfranzösische Truppen besetzt. Dabei fielen zehndeutsche und vier französische Soldaten. Ebenfallsumgekommen sind neun Einwohner des Dorfes.Am Sonntag, dem 15. April 1945, wurden umdie Mittagszeit Calmbacher Männer – darunterRobert Müller und der Verfasser – von denFranzosen aus den Häusern geholt. Im Gänsemarsch wurden sie auf den Friedhof geführt. Dortmusste oberhalb des Leichenhauses am Kälblinghang eine Flakgeschützstellung ausgehoben werden. Um das Schussfeld zu erweitern, wurden diegrößeren Bäume auf dem Friedhof gefällt. BeimHochziehen der Flakgeschütze rollte eines zurückund verletzte Robert Müller am Fuß. Er mussteheim transportiert werden und konnte dabei demfranzösischen Truppführer seine Verfolgungsunterlagen vorzeigen.Robert Müller wurde am 30. April 1945 von derfranzösischen Militärbehörde als kommissarischerBürgermeister von Calmbach eingesetzt. Er hatRobert Müller als Bürgermeistervon Calmbach 1945 bis 1946sich große Verdienste bei der Normalisierung desöffentlichen Lebens, der Lebensmittelversorgungund der Eingliederung der Heimatvertriebenenerworben. Dabei hatte er auch schwierige Aufgaben zu erledigen, wie beispielsweise Beschlagnahmungen für die französischen Besatzer.Interessant ist, welche Beurteilung BürgermeisterRobert Müller 1945 über Drogist Albert Barth(die„graue Eminenz“ der Calmbacher NSDAP)abgab – das Schriftstück ist im CalmbacherArchiv erhalten. Auszugsweise wird daraus zitiert:„Einige Jahre vor der Militärzeit des Bürgermeister Wilhelm Günter(ab 1939) war diescharfe Kontrolle des 1. Beigeordneten AlbertBarth(der auch mit der Wahrnehmung derGeschäfte eines Bürgermeisters beauftragt war)wegen der Unregelmäßigkeiten von BM Günterin der Strafsache beweisführend. Von dieser Zeitan trat Albert Barth mehr und mehr in dieOpposition gegen den von ihm gesagten NaziSchwindel und muß dies der Tatsache wegenerwähnt werden. Seine politische Haltung war139