Rainer Loose ·„In engen Thälern zwischen hohen und steilen Gebürgen …“stetter Lehrlingemussten sich verpflichten, sich inihrem Heimatort niederzulassen und anderenInteressenten dieStrumpfstrickerei nach sächsischer Art zulehren. DerGewerbevereinübernahm dasLehrgeld. AufJohann Georg Freihofer(1806Kosten der1877), Pfarrer in NeuhengstettStaatskasse wur1832-40, Pfarrer in Kayh 1841den zudem zwei51, Dekan in Nagold 1851-76,s ä c h s i s c h eFörderer der Strumpfwirkerei inNeuhengstett.Strumpfwirkerstühle, jeder zu250 Gulden,angekauft. Pfarrer Freihofer erhielt noch 200Gulden aus der Oberhofkasse des Königs, umweitere Lehrlinge unterstützen zu können.31Die Hilfen weckten Hoffnungen, und 1840notierte der Gewerbeverein, die Strumpfwirkereinehme Aufschwung und hemme inzwischen denAbsatz sächsischer Waren in Württemberg. DieStrumpfwirker in Reutlingen und Neuhengstettfertigten Kinderhäubchen, welche wegen desschön eingesetzten Bodens den sächsischenvorgezogen würden.32Ein Jahr später lautetendie Nachrichten aus Neuhengstett weniger günstig. Sie deuten an, dass sich keine weiterenInteressenten für die feine Strumpfstrickereifanden. Es fehle den Einwohnern von Neuhengstett„der industrielle Geist der Voreltern“.Dies ist eine bemerkenswerte Begründung,hinter der sich die völlige Mittellosigkeit derFamilien und die Unkenntnis der Märkte undVermarktungschancen verbergen. Barall beklagteauch die ungenügende Schulbildung seinerLehrlinge; sie könnten weder rechnen noch gutlesen noch schreiben, was angesichts ihrer Herkunft(zuhause sprach man Gallisch oderWelsch/Patois) und der Armut der Neuhengstetter Strumpfweber nicht verwundert. Armut,geringe Bildung und Entlegenheit des Ortestrügen dazu bei, dass die Strumpfwirkerei imOberamt Calw fabrikmäßig nicht vorankomme,es sei denn, es würden bedeutende Geldmitteleingesetzt.„Ein Fabrikant aus Calw“ sollte„sichan die Spitze einer mehr fabrikmäßig zu organisierenden Industrie in Neuhengstett setzen“,forderte die Gewerbefördergesellschaft 1843.33Ein solcher Unternehmer aus Calw konnte überdas Netzwerk des Gewerbevereins rasch ausfindig gemacht werden. Der Gesuchte – WilhelmFriedrich Schumm – fühlte sich zwar geehrt, gababer zu bedenken,34dass die herabgekommeneStrumpfweberei im Oberamt Calw ohne staatliche Hilfe nicht in Gang komme; mit anderenWorten, ohne ein bedeutendes zinsgünstigesoder gar zinsloses Darlehen sei jede Mühevergebens. Die Ministerien des Innern und derFinanzen wollten dies wohlwollend prüfen, aberam Ende kam es nicht dazu, weil Schumm keineSicherheiten für den Kredit leisten konnte undinzwischen Pfarrer Freihofer auf eine andere,besser besoldete Pfarrei nach Kayh(OberamtHerrenberg) gewechselt war.35Ende 1845 entschloss sich König Wilhelm I., den„Plan derEtablirung eines fabrikmäßigen Betriebs infeineren Strumpfwirkerfabrikaten in Neuhengstett“ nicht weiter zu verfolgen und befahl, dieauf Staatskosten angeschafften Strumpfwirkerstühle und-geräte„zu einem mäßigen Anschlagund billigen Zahlungsfristen“ an Interessierte zuverkaufen, den Erlös daraus aber„der Strumpfwirkerkasse in Neuhengstett zur fortdauerndenUnterstützung des Gewerbezweiges der feinerenStrumpfstrickerei“ zu überlassen.36Wenngleich in Neuhengstett die Strumpfstrickerei als neuer Industriezweig keine Zukunft hatte,gab es eine für sie in Calw, wo vor allem diemechanischen Woll- und Baumwollspinnereienwegen der wachsenden Nachfrage nach wollenenund baumwollenen Garnen einen Schuberfuhren. Nach 1850 erkannten auch die altenCalwer Handlungshäuser das große Potential,das in der Strumpfstrickerei steckte. Bei der36