Dies hatte aber zur Folge, dass der Bauer kein„Freier“mehr, sondern„Hintersasse“ seines Herrn war. DerBauer konnte zwar nach wie vor sein Eigentum bewirtschaften, war aber gleichzeitig zu Frondiensten und zurZinsleistung in Form von Korn, Vieh oder Geflügelverpflichtet, verlor oft seine Freiheit und wurde„Leibeigener“: der Bauer wurde unter„Hörigenrecht“ gestelltund bedurfte der Erlaubnis zum Heiraten, zum Wegzug– von Freizügigkeit im heutigen Sinne keine Spur. DieseArt von Abhängigkeit nannte man„Personalleibeigenschaft“. Es galt der Satz:„Landluft macht unfrei“.chen, da die Leibeigenschaft aufvertraglicher Grundlage,heute würde man sagen, auf einem Dienstvertrag,beruhte. Außerdem waren die Sklaven in den USA undMittelamerika nicht als Menschen anerkannt. Die Leibeigenschaft konnte gegen den Willen der Leibeigenen auchnicht aufgehoben werden, denn viele Leibeigene warenfroh, bei einem„Grundherrn“ untergekommen zu sein.Aber ausgewogen waren Leistung und Gegenleistung beidiesen Verträgen nicht. Die Leibeigenschaft ging auf dieNachkommen über, wenn die Mutter der Kinder auchLeibeigene war.Unterhalb der„Hörigen“ waren die„Eigenleute“ angesiedelt, die Knechte und Mägde der Grundherrschaften,die zwar strafrechtlich als Personen angesehen wurden,aber kein Eigentum erwerben und nicht heiraten durften. Auch diese Menschen fielen unter die Personalleibeigenschaft.Die Eigenleute wurden zu Hörigen, wenn sie handwerkliche Arbeiten auf dem Hof verrichteten. Sie konntendann Eigentum an Sachen erwerben. Zogen Eigenleuteund Hörige in die Stadt, verschwanden diese Merkmalenach dem Motto:„Stadtluft macht frei“.Daneben gab es noch die Form der„Lokalleibeigenschaft“, die sich im 16. Jahrhundert fast überall durchsetzte. Nicht alle Bauern stellten sich unter den Schutzeines großen Gutes oder Klosters: sie blieben freieBauern. Da aber die Landes- und Grundherren, Grafenund Herzöge, alle in ihrem Dorf bzw. Herrschaftsgebietansässigen Personen zu Leibeigenen erklären konnten,gelangten viele Bauern auf diese Weise in eine„Lokalleibeigenschaft“. Auch diese Personen hatten Frondienste, z.B. Hand- und Spanndienste, Gestellung von Fuhrwerken, zu leisten, was sich bis in das 20. Jahrhundertfortgesetzt hat. Empfänger der Leistungen sind zuletztKreise und Gemeinden gewesen. Ortsansässige Fuhrleute waren im Winter verpflichtet, u.a. von den Gemeinden Höfen und Langenbrand und vielen anderen,mit ihren Pferde- und Ochsengespannen, die eine sogen.„Bahnschleife“ gezogen haben, die Straßen undWege schneefrei zu machen. Diese Verpflichtung hat bisin die 1940er/1950er-Jahre bestanden. Ferner musstenAbgaben erbracht werden. Auch Handwerker und andere damalige„Gewerbetreibende“ waren„Lokalleibeigene“.Mit dem Verlust der Freiheit war diese Leibeigenschaftnicht verbunden. Dazu bedurfte es einer engen Verbindung zwischen dem Leibeigenen und dem Grundherrn.Rechtliche Beurteilung der LeibeigenschaftDie Leibeigenschaft war ein Vertrag zwischen Leibherrenund Leibeigenen. Der Leibherr gewährte seinen„Untertanen“ gerichtlichen(etwa bei Vorladung zu Gerichtsverhandlungen) und militärischen Schutz. Die Herrschaftenkonnten Leibeigene kaufen, verkaufen und tauschen.Dennoch: Mit der Sklavenhaltung in den USA seit dem18. Jahrhundert ist die Leibeigenschaft nicht zu verglei8Diese vergleichsweise milde Behandlung der Leibeigenen wurde dadurch wieder aufgehoben, dass KaiserFriedrich I,„Barbarossa“, 1152-1190, den Landes- undGrundherrn, auch den Klöstern, auf Grund eines Erlassesgestattete, gegenüber den Leibeigenen die„Hand- undHalsgerichtsbarkeit“ auszuüben, d.h. sie durch Schlägezu züchtigen, bzw. sie zu töten.Allgemein ist festzuhalten: die Grundherren hatten überihre Grundherrschaft hinaus oft noch weitere Rechte,etwa die Verwaltungshoheit in ihrem Bezirk. Den Vögtender Oberämter als Grundherren stand darüber hinausbis zum Jahre 1806/1818 in Württemberg die Finanzund allgemeine Gerichtsbarkeit zu.Exkurs: Die sogen. Gutsbezirke im Osten desehemaligen deutschen Reiches(vgl. dazu dievielen Bücher und Filme zum Thema„Fluchtund Vertreibung“)Diese haben sich vor allem im ehemaligen Preußen, inOst- und Westpreußen, Pommern und Schlesien befunden. Die Gutsbezirke waren Verwaltungsbezirke ineinem Landkreis; sie waren außerhalb von Ortschaftenoder Weilern angesiedelt, in denen„Freie Bauern“(siehe oben) ihre Höfe und Grundstücke bewirtschafteten.Vorsteher eines Gutsbezirks waren Adelige, Barone,Freiherrn, Grafen, Fürsten. Um diese herum gruppiertensich in ihren Katen„unfreie Bauern“, sogen.„Hörige“,auch„Hintersassen“ genannt(vgl. ebenfalls oben), diezu„fronen“ hatten, daneben aber auch eigenen Grundund Boden besaßen und zusammen mit den Knechtenund Mägden die Leibeigenen des Gutsherrn waren(Personalleibeigenschaft).In Württemberg gab es keine„Gutsbezirke“, wie zuvorbeschrieben – außer einem, nämlich dem„Gutsbezirk“Münsingen, der 1935 zusammen mit dem Truppenübungsplatz gebildet wurde. Im Zusammenhang mitdieser Errichtung wurde ein ganzer Ort„aufgelassen“,nämlich Gruon, nur die Kirche blieb stehen. Alljährlichtreffen sich dort die Nachkommen der früheren Bewohner.Lehenswesen im Mittelalter undBauern/LeibeigenschaftIm Zeitalter der Sachsenkönige, ab ca. 919, Heinrich I,nahm die Zahl der Verleihungen von Land an verdienteKrieger und Beamte zu. Diese Handhabung setzte sich