Hydrographie. Beschreibung einzelner Flussgebiete, Enz-Nagold.

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Aus diesen Beobachtungsergebnissen wurden in Beilage 3 für das Enzgebiet die Kurven gleicher Niederschlagshöhen (Isohyeten) in Höhenabständen von 100 mm für den genannten 5jährigen Zeitraum konstruiert, aus welchen die starke Abnahme der Grösse der Jahresniederschläge in der Richtung von Südwest gegen Nordost und Ost, entsprechend der Höhenlage der Gebietsteile, zu ersehen ist. Während in dem oberen Enzgebiet in diesem Zeitraum ein jährlicher Niederschlag von vergl. 1400 mm beobachtet wurde, fällt diese Niederschlagshöhe rasch mit der Entfernung vom Schwarzwald auf 700 mm, gegen die Filder sogar unter 650 mm. Es rührt dies daher,*) dass die vorherrschend Regen bringenden Westwinde sich an dem ihrer Richtung quer .entgegenstellenden und aus der Rheinebene hoch emporsteigenden Schwarzwald abkühlen, ihren Wasserdampf grossenteils in Form von Regen oder Schnee abgeben, jenseits des Gebirgskammes sich wieder hinabsenken und infolge der damit verbundenen Kompression sich dort wieder erwärmen und trocken werden. Man sagt von solchen Gebieten, welche hinter einem Gebirgsstock an der, der herrschenden Windrichtung abge­kehrten Seite gelegen sind, sie befinden sich imWindschatten des Gebirgs. Die kleinste Nieder­schlagsmenge des Enzgebietes zur grössten drückt sich daher ungefähr durch das Verhältnis 1: 2 aus. Die mittlere jährliche Niederschlagshöhe während des 5jährigen Zeitabschnitts 1891/95 berechnet sich aus diesen Kurven

für das Gebiet der Enz oberhalb Pforzheim zu 1095 mm

» * * Nagold 786 mm

Enz unterhalb 737 mm

gesamte Enzgebiet . . 815 mm,

woraus sich der sekundliche Niederschlag auf den qkm der betr. Einzugsgebiete bestimmt zu 34,7, 24,9, 23,4 und 25,8 Liter.

Die Grösse der Niederschlagshöhen und eben damit die Lage und Gestaltung der Isohyeten ändert sich mit der Zahl der Jahre, auf die sich die Beobachtung erstreckt; obige Zahlen sind da­her nur als Näherungswerte zu betrachten, zumal in ihnen auch die als Tau und Reif gefallenen Niederschläge, sowie ein Teil des bei Stürmen niedergegangenen Schnees nicht berücksichtigt sind. Im Jahresmittel dürfte der wahre Wert wohl, wie der Schweizer Hydrologe Lauterburg **) annimmt, annähernd & /i des oben angegebenen, mit Regenmessern ermittelten, erreichen.

Die jährliche Schneeschmelz wasserhöhe betrug gemittelt in dem genannten 5jährigen Zeitraum

in Freudenstadt 247 mm oder 19 "/» der gesamten Niederschlagshöhe

in Stuttgart . 52 mm 8 °/o

Das Verhältnis der kleinsten Schneeschmelzwasserhöhe im Enzgebiet zur grössten ist daher abgerundet = 1:5.

Die Anzahl der Tage mit Niederschlag nimmt in gleicherweise wie die Höhe der

Jahresniederschläge, von West nach Ost ab. In Freudenstadt sind durchschnittlich 198 Tage im

Jahr mit Niederschlägen beobachtet worden, während in Stuttgart diese Zahl auf 155 zurückgieng.

Entsprechend den geschilderten Niederschlagsverhältnissen wurde während des 5jährigen Zeit­abschnitts 1891/95 der absolut grösste Niederschlag in 24 Stunden ebenfalls in Freuden­stadt gemessen. Er trat am 25. Oktober 1892 ein und betrug 87,2 mm, was einer Wassermenge von ] ,01 cbm auf den qkm in der Sekunde entspricht.

Die Verteilung der Niederschläge auf die einzeln en Monate und Jahreszeiten, gemittelt aus dem Durchschnitt der 5 Jahre 1891/95, ist aus der nachstehenden Tabelle zu ersehen.

Entsprechend der ganz Mitteleuropa gemeinsamen Erscheinung, dass die grössten Regen­mengen bei geringer Höhenlage auf die Sommermonate, bei grösserer Höhenlage aber auf die Herbstmonate fallen, fanden nach nachstehender Tabelle die grössten Niederschläge in den Stationen des oberen Gäus, des Strohgäus und des Hagenschiesses im Monat Juli, in den Stationen des oberen Schwarzwalds dagegen im Monat Oktober statt, mit Ausnahme Freuden- stadts, das seine grössten Niederschlagsmengen im Monat Dezember in der beträchtlichen Höhe von 188,3 mm hatte. Die kleinsten Niederschläge traten im Gäu im Monat März, im

*) Vergl. Beiträge zur Hydrographie des Grossherzogtums Baden, 2. Heft. S. 13.

**) Anleitung zur Berechnung der (mitteleuropäischen) Quellen- und Stromabflussmengen aus der Regenmenge, Grösse und Beschaffenheit der Quellen- und Flussgebiete. (Allgemeine Bauzeitung, Wien 1887.)