schon wiederholt im Verlaufe der letzten Wochen ge­zeigt bat und bisher immer vom Kaiser überwunden worden ist.

Berlin, 8. Mai. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt über das Befinden des Kaisers: Die Mat­tigkeit verschwand im Laufe des gestrigen Nachmit­tags fast gänzlich, so daß der hohe Patient ohne Anstrengung sich der Arbeit widmen konnte. Abends betrug die Temperatur 38,6°. Der Auswurf war etwas verringert.

Berlin, 8. Mai. Mackenzie hat den Plan der Reise nach England völlig aufgegeben, nach sei­ner Erklärung auf den Wunsch des Kaisers, nach einer näherliegenden Annahme jedoch wohl vorwie­gend wegen der geringer gewordenen Wahrscheinlich­keit des Ausschlusses plötzlicher bedrohlicher Wen­dungen im Befinden des Kaisers.

Berlin, 7. Mai. Heute am Jahrestage des Blind'schen Attentats brachte, wie alljährlich, die Regimentskapelle des zweiten Garde-Regiments dem Reichskanzler ein Ständchen. Graf Wilhelm B i s- rnarck ist mit Familie aus Hanau hier eingetroffen.

In Berliner politischen Kreisen wird trotz der angeblich durch den Reichskanzler betonten gegensei­tigen Versicherung die mögliche Gefährdung der eu­ropäischen Lage durch die immer mehr überhandneh­mende panslavistische Strömung in den leitenden Kreisen Rußlands befürchtet. DieKreuzztg." meint nun freilich, das erneute Erscheinen der Bogdano- witich und Jgnatieff auf der Bildstäche brauche noch nicht für kriegerische Absichten der Herren zu sprechen, allein mit den bloßen Absichten sei nichts gethan und wenn die Interessenten eines großen Reiches in eine solche Richtung gebracht werden, so drängen sie unwiderstehlich weiter. Mit den Verschiebungen der russischen Trupppen hat es offenbar gleichfalls seine Richtigkeit und daß solche nur zu dem Zwecke vorgenommen werden, event. sofort eingreifen zu können, darüber wird sich kaum ein Zweifel erheben lassen können.

Ein skandalöser Vorfall in Nordschleswig, der nicht nur in deutschen Kreisen, sondern auch bei allen einsichtigen Dänen gerechte Entrüstung hervor­rief, bat jetzt den erwarteten Ausgang gefunden. An einem der ersten Tage nach dem Tode Kaiser Wilhelms teilte der Hauptlehrer in Spundet, einer l'r Meile von der dänischen Grenze entfernten Ort­schaft, den Kindern vor Beginn des Unterrichtes die erschütternde Trauerbotschaft mit und verließ alsdann das Schullokal, angeblich, um aus der Zeitung die Todesstunde zu ersehen, da ein Lehrer eine dahin­gehende Frage an ihn gerichtet. Kaum hatte der Lehrer indessen das Zimmer verlassen, da brachen die gesamten Dorfbuben in ein mehrmaliges, das Haus durchdringendes Hurrah ans. Dieser wider­wärtige Vorgang ist selbstverständlich weniger auf die Rohheit, als den Unverstand der Kinder zurück­zuführen. Es spiegeln sich in diesen Ausbrüchen die Ansichten und Gespräche im Elternhause wieder. In erster Linie wird aber der empörende Akt dem Lehrer zur Last gelegt. Sobald die Kunde von dem Vor­fall in die Oeffentlichkeit drang, wurde sofort eine Untersuchung vorgenommen, die jetzt mit der Ent­hebung des Lehrers vom Amte und der Einleitung eines Disziplinarverfahrens ihren vorläufigen Abschluß erlangt hat.

Oesterreich Ungarn.

Wien, 5. Mai. DerPol. Korr." wird aus Konstantinopcl gemeldet, daß die dortigen diploma­tischen Kreise die Besserung der Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei mit großer Befriedigung begrüßen. Infolge wohlwollender diplomatischer Ein­flüsse werden zwischen den Kabinetten von Konstan- tiuopel und Athen beruhigende Erklärungen ausge­tauscht, die eine günstige Wendung herbeiführten.

Wien, 7. Mai. In Hofkreisen verlautet von einem schon in den nächsten Tagen bevorstehenden Besuche des Prinzen Alexander von Hessen, des Va­ters des Fürsten Alexander. Es knüpfen sich an den bevorstehenden Besuch mancherlei Kombinationen, die auf das Gebiet der höheren Politik hinüberspielen.

Aus Triest 7. Mai wird der Wiener Dtfch. Ztg. gemeldet: Telegramme aus Messina berichten gestern eine furchtbare Katastrophe in Folge des Ausströmens giftiger Gase. Auf der im Bau be­griffenen neuen Bahnstrecke Messina-Palermo waren im Peloritana-Tunncl 350 Arbeiter beschäftigt, als plötzlich sich aus unbekannten Ursachen Gasdämpfe entwickelten, welche den 300 Meter langen Tunnel

in einem Augenblick vollkommen erfüllten. Nur die an den Mündungen des Tunnels beschäftigten Ar­beiter konnten fliehen und um Hilfe rufen. Es wur­den augenblicklich Hilfszüge entsendet und binnen 20 Minuten konnten alle wie entseelt am Boden Liegen­den herausgeholt werden. Dieselben gaben mehrere Stunden lang kein Lebenszeichen, daher die ersten Nachrichten von 300 Opfern sprachen. Allein es gelang den unausgesetzten Bemühungen, die Mehr­zahl wieder zum Leben zu erwecken. Die Zahl der Toten dürfte immerhin 60 betragen. Ein Teil der Gallerie ist eingestürzt, die Arbeit eingestellt. Frankreich.

Paris, 7. Mai.Newyork Herald" ver­öffentlicht eine Depesche aus Madrid, wonach daselbst die Cholera ausgebrochen sein soll. Seit Freitag nachmittag sollen bereits sechszig Fälle konstatiert sein. Eine Bestätigung dieser Meldung fehlt.

Paris, 8. Mai. Der Munizipalrat votierte 10 000 Frcs. zur Unterstützung der Familien der Glashüttenarbeiter der Departements Seine und Seine-Oise, welche durch Schließung der Fabriken beschäftigungslos geworden sind. Der Polizeipräfekt konstatierte, augenblicklich seien 2500 Arbeiter der Glashütten beschäftigungslos.

DieNordd. Allg. Ztg." weist auf den mo­ralischen Effekt hin, den es haben müsse, wenn die Stadt Paris für die streikenden Glasarbeiter 10 000 Frcs. bewillige, also mit den Sozialisten gemeinsame Sache mache. Die Konsequenzen würden nicht lange auf sich warten lassen.

Nach einer Pariser Meldung der Pol. Korr, ist der französische Botschafter in London, Herr Waddington, angewiesen worden, die größten An­strengungen zu machen, um die von dem englischen Parlamente beschlossene Zollerhöhung der Flaschen­weine rückgängig zu machen. Sollte das nicht ge­lingen, so dürfte das Pariser Kabinet mit scharfen Gegenmaßregeln Vorgehen. Frankreich könnte eigent­lich an dem einen Zollkrieg mit Italien genug haben.

Das Kriegsgericht in Marseille hat den Lieutenant Chatelain, welcher den Regierungen von Deutschland und Italien eins der neuen Lebelgewehre nebst der dazu gehörigen Munition offeriert hatte, ohne daß eine der beiden Negierungen darauf eiu- gcgangen wäre, zur Einschließung in einen befestig­ten Platz, zur Degradation und zum Verlust des Rechtes, die Militärmedaille zu tragen, verurteilt.

Der König von Schweden ist in Algerien angekommen und trotz seines Inkognitos von den französischen Behörden mit ausnehmender Zuvor­kommenheit begrüßt worden.

Belgien.

Brüssel, 5. Mai. Die Kammer hat gestern das Gesetz genehmigt, wonach Jeder, der Kinder unter 18 Jahren zu gefährlichen unmenschlichen und gesundheitsschädlichen Hebungen und Kraftleistungen verwendet, mit l6 Monat Gefängnis und Geld­buße bis zu 250 Fr., und sind es Vater, Mutter oder Vormund selber, mit Gefängnis bis zu einem Jahre und Geldbuße bis zu 500 Fr. bestraft werden soll. Wer Kinder unter 18 Jahren ohne Mitwir­kung der Eltern derselben als Akrobaten, Seiltänzer u. s. w. in Tierbuden und im Zirkus benutzt, ver­fällt ebenfalls der Strafe; Eltern dürfen ihre Kinder unter 14 Jahren nicht in einem solchen Schaustel­lungsgewerbe verwenden. Die Annahme des Gesetzes erfolgte einstimmig.

Italien.

Die italienischen Zeitungen bringen Nachrichten über eine furchtbare Handelskrisis in Buenos Ayres, die in den italienischen Hafenstädten, welche mit Buenos-AyreS in lebhafter Handelsverbindung stehen, nach Mill. Lire zählende Verluste verschuldet. In­nerhalb 10 Tagen fallierten 15 Bankhäuser, eines ' davon mit Passiven von 7 Mill. Pesos. Die Staats­bank verweigerte jede Diskontierung und sei infolge dessen der Kredit völlig untergraben.

Rom, 7. Mai. Bismarck und Kalnoky beglückwünschten Crispi zu den in der Kammer letzt­hin abgegebenen Erklärungen betreffs der deutschen rcsp. österreichischen Politik

In Saronno bei Mailand hat am 6. Mai die Einweihung einer Filiale der Eßlinger Maschinenfabrik stattgefunden, bei der die HH. Pflaum, Dörtenbach, Keßler, Gros und Langbein (der Direktor der neuen Filiale) zugegen waren.

In Bologna kam es vor dem Empfange des! Königspaares zu einem Zusammenstoß zwischen re- ^

publikanifchen und liberalen Studenten. Die elfteren weigerten sich, mit der Universitätsfahne dem Könige entgegenzugehen und zerrissen dieselbe, so daß Ver­haftungen vorgenommen werden mußten. Das Kö­nigspaar wurde darauf mit der zerrissenen Fahne empfangen.

Rußland.

Der Berliner Korrespondent desStandard" berichtet heute, die durch die Unterredung der Köni­gin Viktoria mit dem Fürsten Bismarck erzielte Ver­ständigung sei um so wichtiger, als die P a n s l a- visten ihre deutschfeindliche Thätigkeit wieder auf- ' nähmen, und Rußland seine Rüstungen in dem Maße zu steigern beabsichtige, daß es 800000 statt 300000 Mann an die Grenzen bringen könne.

Bulgarien.

Sofia, 5. Mai. Prinzessin Clemcntine. die Mutter des Prinzen Ferdinand, wird Ende dieses Monats, begleitet von einem großen Hofstaate, zu längerem Aufenthalt in Sofia cintreffcn.

Major Popoff, der einst sich als treuester Anhänger des Fürsten Alexander von Battenberg be­währt hat, ist in Sofia jetzt wegen Nnterschleifs zu vier Jahren Festungshaft verurteilt worden, wodurch selbstverständlich auch militärische Degradation be­dingt ist.

Afrika.

Aus Kamerun werden die gerüchtweisen Mel­dungen über den Ueberfall der deutschen Expedition Kund-Tappenbeck durch den Stamm der Bakokes jetzt bestätigt. Beide Herren sind in dem stattgehabten Kampfe verwundet. Ihre Verletzungen waren aber schon Mitte März in erfreulicher Besserung begriffen und gaben zu Be sorgnissen keinen Anlaß .

Kleinere Mitteilungen.

In Kirchberg a. N. biß ein Schuhmacher einem Kollegen im Streit das Ohr ab. Der Verletzte befindet sich in ärztlicher Behandlung.

Frankcnthal, 1. Mai. Ein armes, fleißiges Dienst­mädchen ist hier das Opfer einer erbärmlichen, noch dazu falschen Denunziation geworden. Ein Bursche aus dem nicht weit von hier gelegenen Heimatsort des Mädchens hatte sich umsonst um die Zuneigung desselben bemüht, und wurde schließlich, als er zudringlich zu werden anfing, kurz abge- wiescn. Er beschuldigte nun das Mädchen bei der Staatsan­waltschaft, dasselbe habe vor geraumer Zeit geboren und das Kind beiseite geschafft. Die ärztliche Untersuchung, welcher sich das Mädchen sofort freiwillig unterzog, stellte fest, daß an der Sache nicht ein wahres Wort sei. Trotzdem die Unschuld des Mädchens fcstgestellt war, geriet dasselbe in solche Aufregung, daß es am letzten Samstag ins Spital verbracht werden mußte, wo es am letzten Sonntag Nacht infolge eines Gehirnschlages starb. Die bodenlos gemeine Handlungsweise des Burschen wird gewiß die gebührende Strafe finden.

Frankfurt a. M., 2. Mai. Th. Christallcr der frühere württembcrgische Lehrer und jetzige Pionier deutschen Schulunterrichts in Kamerun, hat unterm 8. März einen Brief an einen hier wohnenden Verwandten abgcsandt. Letzterer hatte ihm Schulschrcibmaterialien, n. a. Schiefertafeln, zngchen lassen, die wohl in diesem Augenblick schon fleißig von gro­ßen und kleinen schwarzen Händen bekritzelt werden mögen. Im Anschluß an den Dank für diese Sendung heißt es in jenem Briefe:Ich bin gegenwärtig nicht ans Rosen gebettet, indem ich beim Landen des eben angckommeuen Schnlhauscs und den Vorbereitungen zum Ban mit der grenzenlosen Faul­heit und Betrügerei der Kameruner zu kämpfen habe, die nicht einmal um 4 SO Tagelohn arbeiten wollen, trotz bereits eingegangen-.r Verpflichtung. Die Leute sind es wirklich nicht wert, daß man sich mit ihnen Mühe giebt, aber die Jungens halten mich immer wieder hier."

Der Böttchcrmeister Döhles in Weimar hat ein sog. Mutterfaß für die Brauerei von Heydenreich in Ehringsdorf aus slawonischem Spalteholz gearbeitet, das den Vorzug hat, äugen- und astfrei zu sein. Das Faß ist für 6500 Li­ter berechnet. Das rohe Holz zu demselben wiegt ungefähr 30 Ztr., die Länge der Dauben ist knapp 2stz m, die Stärke derselben 10 em, der Boden 67 cm. Auf dem vordersten Boden, dessen Weite ziemlich 2 m beträgt, ist ein Gambri- nus vom Holzbildhauer Uschmann eingeschnitzt.

Aus Treptow (Pommern) berichtet man: Auf den ehemaligen Petrikirchwiesen im Stadtpark bei Treptow bot sich am Mittwoch nachmittag den dortigen Spaziergängern ein seltener Anblick. Der Hund eines dort spazierenden Herrn sprang plötzlich, anscheinend ohne Veranlassung, ins Wasser und schwamm ans einen Kahn los, der unweit des Users vor Anker lag. Hier tauchte das Tier unter und kam erst nach geraumer Zrit wieder zum Vorschein, einen dunklen Gegenstand im Maule haltend. Jetzt kam auf das Geschrei der Leute vom Ufer aus der Schiffer des Kahnes an Deck, nnd bemerkte, daß es sein 4 Jahre altes Töchterchcn war, welches unbemerkt ins Wasser gefallen und von dem braven Hunde, ohne daß mans ihn geheißen, gerettet worden war. (?)

Ein Methusalem ist der Bauer Karl Petr in Bieltsch in Mähren. Er starb dieser Tage im Alter von 142 Jahren und war bis zu seinem Tod rüstig. Sein Sohn ist 115 Jahre alt, sein Enkel 85, sein Urenkel 39.

Wie dasDaily Chronicle" meldet, vermählt sich heute in Paris der Herzog von Decazes mit Miß Singer, einer Tochter des Erfinders der Nähmaschinen. Der Herzog steht im 24. Lebensjahre. Die Mitgift von Miß Singer be­trägt eine Million Pfund Sterling.