Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
M 90
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Samstag den 2. August.
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1884.
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nehmen alle Postanstalten oder die betreffenden Postboten an. _
Amtliches.
Nagold.
Bekanntmachung.^
Die Randekrankheit unter dem Schafbestand des Gutsbesitzers Johannes Lamparth in Garrweilcr ist erloschen, was hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht wird.
Nagold. 30. Juli 1884.
K. Oberamt. Amtm. Wiegandt.
Militärdirnstverstcherimg. (Einges.)
Es ist ein erfreuliches Zeichen der Zeit, daß die Sitte, schon in dem ersten Kindesalter der Söhne für die Unkosten, welche die Ausbildung und Militärzeit derselben erforderlich macht, Vorsorge zu treffen, in immer größeren Kreisen der deutschen Bevölkerung Boden faßt; denn wie wir aus den monatlichen Geschäftsberichten der deutschen Militärdienst-Versicherungs-Anstalt in Hannover entnehmen können, hat dieselbe im ersten Halbjahr dieses Jahres einen Zugang von 7819 Versicherungen mit 8^/t Mill. Mark Versicherungssumme erzielt und sich der Vermögensstand im gleichen Zeitraum um 800000 erhöht, somit Ende Juni 3195 588 vkL betragen. Es darf aus diesem überraschend schnellen Emporblühen wohl zu Gunsten der Anstalt der Schluß gezogen werden, daß die Versicherungsbedingungen derselben ganz besonders geschickt dem wirklichen Bedürfnis der deutschen Eltern angepaßt sind und dieselbe in ganz Deutschland großes Vertrauen genießt. — Wie selbstverständlich, haben die Erfolge dieses Instituts Konkurrenzversuche hervorgcrufen und auch eine Anzahl Lebensversicherungen veranlaßt, ihre einfachen Aussteuertabellen mit der Bezeichnung Militärdienstver- sichcruug zu versehen. Ganz gewohnheitsgemäß bemühen sich all diese Institute, welche gegenüber der alten deutschen Militärdienst-Versicherungsanstalt in Hannover nicht auf kommen können, ihre eigene Situation und Versicherungsbedingungen in dem vorteilhaftesten Lichte zu schildern, oft auf Kosten der Wahrheit und in Verbindung mit Herabsetzung und Entstellung der alten Anstalt. — Unserer Ansicht nach dürfte es jedem Familienvater klar sein, daß 1) ein Institut, welches ausschließlich Militärdienstversicherung betreibt und dabei allgemeinen Anklang findet, sehr zweckentsprechende Bedingungen haben muß und auch etwa im Laufe der Zeit sich herausstellende Wünsche seiner Mitglieder bezüglich der Veränderung seiner Bedingungen am leichtesten berücksichtigen kann; daß
2) kein Versicherungsinstitut mehr bieten kann, als die Einnahme abzüglich der Unkosten ihm gestattet, und gegenteilige Behauptungen eitel Wind sind; daß
3) je größer die Beteiligung und das Arbeitsfeld, desto kleiner das Geschäftsrisiko und die Verwaltungs- Unkosten. — Erwägt man außer diesen drei Faktoren noch den Umstand, daß die unter spezieller Staats- kontrole stehende deutsche Militärdienst-Versicherungsanstalt in Hannover von den Regierungen Preußens und der andern deutschen Staaten konzessioniert ist und von denselben warm empfohlen wird, so dürfte ein einigermaßen geschäftskundiger Vater wohl nicht lange im Zweifel sein, daß Verdächtigungen derselben und die Behauptungen anderer Anstalten, bezüglich einer Militärdienstversicherung mehr und günstigere
Bedingungen bieten zu können, nur mit äußerster Vorsicht aufzunchmen sind. — Die Eltern junger Söhne werden daher sicherlich nur im eigenen Interesse handeln, wenn sie sich eingehend über die Bedingungen der Anstalt von zuständiger Seite unterrichten lassen. Hier in Württemberg sind schon über 2000 Väter beigetreten und zwar sehr viele aus den Kreisen unserer hö chsten Beamten un d Industriellen.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
* Nagold. Wie lohnend der Import von Krai- ner Bienen in betreff der Vermehrung sein kann, konnte ein hiesiger Imker erfahre». Nachdem er nemlich von solchen voriges Jahr 4 Schwärme erhielt, vermehrten sich solche Heuer wieder um 2 Schwärme, wovon wieder einer am 18. Juli einen Jungfernschwarm und am 29. noch einmal einen Schwarm abwarf.
Wildberg, 26. Juli. Der älteste Veteran unserer Stadt und wohl einer der ältesten des Landes wurde heute nach zurückgelegtem 90. Lebensjahr unter allgemeiner Teilnahme zu seiner letzten Ruhe bestattet. Es ist dies der seit 1826 hier lebende und seit wenig Jahren in den Ruhestand getretene Verwaltungsaktuar und Stiftungspfleger Moser, ein charakterfester, streng rechtlicher Mann, so recht ein Bild altwürttembergischer Beamtentreue. Geboren als der Sohn eines Pfarrers in Gültlingen auf dem Schwarzwald im Jahre 1794, fiel in seine Jugend die bewegte Zeit der napoleonischen Kriege, die auch ihn in Mitleidenschaft zogen. Den russischen Feldzug und den Krieg gegen Frankreich unter der siegreichen Anführung des damaligen Kronprinzen Wilhelm machte er als Soldat mit und wie er hier mit Auszeichnung kämpfte und in einem an Entbehrungen reichen Jugendleben zum Manne sich bildete, so stellte er nachher dem Vaterland seine Dienste zur Verfügung und offenbarte in einem mehr als 50jährigen, an Wildberg gefesselten Berufsleben die unentwegte Kraft seines Geistes und unbeugsame Stärke seines Willens.? (S. M.)
Horb, 30. Juli. Zwischen einigen ledigen Burschen entspann sich am vorigen Montag in Ahl- dorf, nachdem sie bis zum Abend, von Wirtshaus zu Wirtshaus ziehend, ihr Unwesen getrieben, Rauferei, bei welcher jeder der Stärkste sein wollte. Bei dieser Kraftprobe schleuderte der eine den andern derart an die Thüre, daß dieselbe in Trümmer ging und der so Geworfene die nahe der Thüre angebrachte Stiege hinabstürzte. Bewußtlos wurde er vom Platze getragen und gab, noch ehe der Arzt kam, seinen Geist auf.
Stuttgart. Dem „N. Tagbl." zufolge ist letzter Tage hier eine Frau und eine Anzahl junger Mädchen, meist Dienstboten, auf Grund der tzK 218 und 219 des Strafgesetzbuches (Abtreibung der Leibesfrucht) verhaftet worden.
In Ludwigs bürg goß eine Frau ihrer Mithausbewohnerin im Streit, um dieselbe zum Schweigen zu bringen, einen Hafen voll siedend heißen Wassers über den Kopf, so daß dieselbe bedeutende Brandwunden erlitt.
Eßlingen, 28. Juli. Letzten Donnerstag hatte die Küferinnung, welche bekanntlich als erste derartige in Württemberg zur Gründung weiterer Vereinigungen in Stuttgart, Cannstatt u. s. w. die Anregung gegeben hat, eine Versammlung, in welcher beschlossen wurde, die sog. Küferknospen eines großen Wasserbassins in Obereßlingen gemeinsam zu kaufen und den Mitgliedern zum Selbstkostenpreis zu überlassen. Sodann wollen die jJnnungsmeister in
Folge der gegenwärtigen Preissteigerung des ungarischen Faßholzes in den nächsten Tagen gemeinsame Holz-Engros-Käufe machen und geht man auch mit dem Gedanken um, von Neujahr an eine Reservekasse anzulcgen, in welche jeder Küfermeister Einlagen machen kann.
Am 26. und 27. August soll in Friedrichshafen die 1. Generalversammlung aller Weltspracheverbindungen (Volapük des Pfarrers Schleyer in Lützelstetten bei Konstanz) stattfinden, zu der alle Gönner und Mitglieder von Weltsprachevereinen der Erde eingeladen werden.
Karlsruhe, 27. Juli. In den Tagen vom 23. bis 25. September wird in Karlsruhe der 23. Kongreß für innere Mission tagen. Der Stadtrat der Residenz hat hierzu die Festhalle unentgeltlich überlassen. Die Gegenstände der Verhandlung gehören zumteil den eben auf der Tagesordnung öffentlicher Besprechung und Unternehmung stehenden Gebieten an. So wird Pastor v. Bodelschwingh über Arbeiterkolonien und Naturalverpflegungsstationen, Direktor Dr. Stark von Stephansfeld über den Kampf gegen die Trunksucht, Fabrikant Steinheil von Rothan i E. über Frauenarbeit und Familienwohl referieren. Außerdem stehen eine Reihe weiterer wichtiger Tagesfragen aus dem Gebiet der christl. Liebesthätigkeit zur Tagesordnung und werden Abendpredigten von namhaften deutschen Predigern, wie Generalsuperintendent Dr. Baur, Superintendent Dryander, Berlin, Oberkonsistorialrat Dr. Burk, Stuttgart, gehalten.
In Pforzheim wurde vorgestern ein Dienst- ! mädchen verhaftet, welches ihrer Dienstherrschaft seit Mai 1882 bis Juli 1884 nach und nach den Betrag von 1560 ^ (!) gestohlen hat. 1225 fand man
bei Durchsuchung ihres Koffers in Gold bar vor. Sie stahl jeweils Silbergeld und wechselte es dann in Gold um.
In Ingolstadt wollte am Donnerstag ein Mineralwasserfabrikant mit seinen neuen; Eiserzeugungsapparaten künstliches Eis erzeugen. Dabei explodierte die Maschine und es wurden der Fabrikant. dessen Frau, die beiden Söhne und die Magd sämtliche in gräßlicher Weise verletzt. Besonders schwer liegt die Frau darnieder, das jüngere Kind ist an beiden Augen erblindet, dem Fabrikanten selbst sollen die Füße amputiert worden sein. Die Explosion war eine so starke, daß sämtliche Fenster des Hauses zertrümmert und sonstige Schäden angerichtet wurden.
Berlin, 28. Juli. Im September sollen auf Anregung des Ausschusses für deutsche Kolonisation in Südafrika von einer Anzahl Herren größere Landstrecken behufs Gründung von Ackerbaukolonien angekauft werden. Personen, welche sich mit dem Betrage von mindestens 5000 cM an dem ersten Landankauf beteiligen wollen, werden aufgefordert, sich zu einer am 19. August in Berlin anberaumten Zusammenkunft cinzufinden.
Der schon früher gemeldeten diesjährigen Ue- bungsreise des Großen Generalstabes, unter Führung des General-Quartiermeisters Grafen Waldersee, wird sich auch der Chef des Generalstabes der bayerischen Armee, Graf Verri della Bosia anschließen. Die Reise beginnt am 20. August bei Freiburg i. Br., geht über die südlich der Linie KehllOberkirch gelegenen badischen Bezirksämter und wird sich über den württembergischen Schwarzwald, den Donaukreis und die hohenzollernschen Lande erstrecken. An der Reise werden 15 Stabs-Offiziere, 12 Hauptleute, 1 Jn- tendanturrat, 1 Registrator, 4 Unteroffiziere und 52