Mehrere bayrische Blätter bringen aus einer, angeblich von einem bayerischen Bezirksamt erlasse­nen, die Cholera betreffenden Bekanntmachung fol­genden Art. 5:Die Bereitstellung von Särgen ist zur Zeit zwar noch nicht veranlaßt, doch ist Sorge zu tragen, daß die Schreiner schon jetzt mit entspre­chendem Holze sich versehen. Vorsichtiger kann man wohl nicht sein!

(Zurückgeschickte Auswanderer.) Die Kreuzztg. bringt folgende Mitteilung aus Hamburg:Vier Familien aus Breslau, welche mit dem Dampfer Jndia" in voriger Woche in Newyork ankamen, werden wieder in ihre Heimat zurückgesandt, da sie für unterstützte Arme (rmsisteä xaupsi-8) erklärt wor­den sind. Für die Zukunft wird es keinem unter­stützten Armen gestattet sein, in den Vereinigten Staaten zu bleiben, wenn ein Mitglied des Auswanderungs- Bureaus dagegen Einsprache erhebt." Auch früher hat man sich in der Union schon gegenEinwanderer" gewehrt, welche in dem Verdacht standen, von einer europäischen Armenverwaltung behufs Ersparung wei­terer Unterstützung mit den Geldmitteln zur Reise nach Amerika versehen worden zu sein.

Dem Geh. Regierungsrat Dr. Koch ist von der französ. Regierung der Orden der Ehrenlegion verliehen worden. Die Dekoration wurde ihm durch die französische Botschaft in Berlin übermittelt.

Die .,Nat.-Ztg." und andere Blätter beschäf­tigen sich lebhaft mit einem Zeitungsgerücht, wonach die Verstaatlichung des Versicherungs-, speziell des Feuerversicherungswesensan kompetenter Stelle" einer ernstlichen Erwägung unterzogen werde; die Vorarbeiten sollen bereits im Gange sein.

Leipzig, 21. Juli. Das Festbankett anläß­lich des achten deutschen Bundesschießens wurde von Bürgermeister Trentlin mit einem Willkommengruß an die Festgäste eröffnet, wobei der Redner hervor­hob, daß das deutsche Bundesschießen zwar ein na­tionales, patriotisches, aber kein politisches Fest sei. Der Vorsitzende des Schützenbundes, Justizrat Ster- zel in Gotha, brachte das Hoch auf den Kaiser und den König von Sachsen aus, welches enthusiastisch ausgenommen wurde. Hierauf folgte die Verlesung der eingegangenen Telegramme, worunter ein Tele­gramm des Herzogs von Coburg-Gotha. Oberbür­germeister Georgi ließ Namens der Stadt Leipzig den deutschen Schützenbund, Gerichtsrat Weber aus München die Stadt Leipzig leben. Bürgermeister Prix aus Wien trank auf die Freundschaft Deutsch­lands und Oesterreichs. Apotheker Hoher aus Metz toastierte namens der Schützen aus den Reichslan­den auf die Einigkeit Deutschlands. Um 6 Uhr er­schien der König auf dem Festplatzc, von dem Zent- ralausschuß für das Bundesschießen und dem Vor­stande des Schützenbundes empfangen und von der zahlreichen Volksmenge enthusiastisch begrüßt. Der König blieb etwa IVs Stunden auf dem Festplatze, besuchte die Schießstände, nahm die Festhalte in Au­genschein. Abends wohnte der König der Festvor­stellung im Theater bei, wo der Trompeter von Säckingen aufgeführt wurde.

Oesterreich-Ungar«.

Wien, 21. Juli. Im Petroleumbezirk Droho- bycz fanden gestern abend Judenkrawalle statt. Czechische Arbeiter schlugen die Häuser ein und er­brachen die Synagoge. Die Gendarmerie griff ein, wobei Tote und Verwundete auf dem Platze blieben.

Wie demB. T." gemeldet wird, ist im Laufe der Untersuchung gegen Kämmerer auch herausge­kommen, daß auch gegen die Wiener kaiserliche Hof­burg ein Attentat von Kämmerer, Stellmacher und Genossen geplant war. Sie wollten die Burg, während der Kaiser in Wien weilte, mittelst Dyna­mit in die Luft sprengen. Drei Anarchisten, welche dabei mit Kämmerer und Stellmacher in Verbindung waren, sind noch nicht in den Händen der Polizei, welche sie verfolgt. Zwei davon sollen sich nach Deutschland geflüchtet haben, der dritte dagegen in Wien sein. Wie ferner verlautet, war die nach der Verhaftung Kämmerers in dessen Wohnung Vor­gefundene große Bombe dazu bestimmt, im Falle der Verhandlung gegen Stellmacher den Verhand­lungssaal in die Luft zu sprengen. Stellmacher selbst soll sich vor Beginn seines Prozesses geäußert haben, daßdie Geschichte nicht so glatt ablaufen werde."

Von Bad Ga st ein wird unterm gestrigen (20. Juli) gemeldet: Kaiser Wilhelm nahm heute früh wiederum ein Bad. Die Promenade auf dem

Kaiserwege und der beabsichtigte Besuch der Kirche unterblieben jedoch, da von heute früh 5 Uhr bis vorm. 11 Uhr heftiger Schneefall war.

Schweiz.

In Zürich haben vom 18. April bis 18. Juli 602 Typhuserkrankungen stattgefunden, von de­nen bis jetzt 60 mit Tod geendet haben.

Frankreich.

Paris, 19. Juli. Man zählte hier in Paris gestern 4 Choleratodesfälle, daher große Konsterna­tion. Man hatte geglaubt, die Krankheit von hier ferne halten zu können. Nun stellt sich diese Hoff­nung als Illusion heraus.

Paris, 19. Juli. Die drei Minister, welche sich nach Toulon und Marseille begeben hatten, erstatteten Bericht über die von ihnen gemachten Wahrnehmungen und erklärten, es sei notwendig. Maßregeln zu ergreifen, um die öffentliche Gesund­heitspflege an den genannien Orten zu verbessern. Zwei Millionen seien unzureichend, um den von der Cholera Betroffenen zu helfen. Der Kriegsmini­ster Campenon beabsichtigt demnächst im Ministerrat den Antrag zu stellen, die großen Manöver in die­sem Jahre fortfallen zu lassen.

Paris, 21. Jul. Die Zahl der Cholera­todesfälle hat sich in Marseille innerhalb der letzten 24 Stunden aus 60 gehoben. Die Auswanderung dauert fort. Es sollen im Laufe des Vormittags wieder 1000 Personen abgercist sein. Der elende Zustand in Toulon ist unverändert. In Arles scheint die Cholera in bedenklicher Weise Boden zu gewinnen, da der Stadtverwaltung heute 20 Erkrankungen und 12 Todesfälle angezeigt wurden.

Marseille, 19. Juli. In letzter Nacht sind hier 30, gestern in Toulon 35 Personen an der Cho­lera gestorben. Die Seuche nimmt zu. Heute star­ben hier 41, in Toulon 27, in Arles 14 Personen an der Cholera. Aus Sisterou werden 2, aus Nimes 1 Choleratodesfall gemeldet. Gestern wur­den hier 116 Todesfälle gemeldet, worunter 75 Cho­lerafülle.

Marseille, 19. Juli. Seit Beginn der Cholera starben in Marseille daran 690 Personen. Alle Truppenübungen des 15. Armeecorps wurden eingestellt.

Marseille, 20. Juli. Der Papst sandte 20000 Frcs. für die Notleidenden.

(Die Cholera bei Tieren s?j). Eine höchst wichtige Entdeckung ist von einem Marseiller Arzt gemacht worden. Jüngsthin starb eine Frau an der Cholera, die einen Pudel besaß. Im Laufe der kur­zen Krankheit konnte das Tier die von seiner Herrin erbrochenen Speisereste zu sich nehmen und that dies auch. Der Arzt wurde davon benachrichtigt und stellte seine Beobachtungen an. Am zweiten Tage krümmte sich das Tier unter Konvulsionen, wurde am dritten Tage von heftigem Erbrechen und Diarrhöe ergriffen und starb endlich. Der Doktor sezierte den Pudel und sammelte in dessen Eingeweide» gewisse Anzeichen. Das Tier war einem Choleraanfall er­legen. Die Resultate dieser Studien befinden sich augenblicklich in den Händen der Professoren der medicinischen Schule.

DieTimes" meldet aus Shanghai von heute, die China zur Beantwortung der französischen Note ge­setzte 8tägige Frist sei um 5 Tage verlängert worden, in der Erwartung, daß bis dahin der Abschluß der Ver­handlungen zwischen dem Vizekönig von Nanking und dem französischen Gesandten Patenotre erfolge. Rußland.

DerFrkf. Ztg." wird unlerm 17. telegraphiert, der Besuch des Zaren in Warschau sei in Folge der Entdeckung des Attentatsplanes vorläufig aufgescho­ben. Auf Grund der bei Bardowski gefundenen Liste von Mitgliedern der Verschwörung seien in Russisch- Polen viele Friedensrichter und Bauernkommissäre, sämtlich Russen, verhaftet worden.

Italien.

Die rigorosen Grenzsperrmaßregeln Italiens, welche dasselbe gegen Frankreich wie gegen die Schweiz wegen der Cholera durchgeführt hat, haben den schweizerischen Bundesrat zu lebhaften Protesten in Rom veranlaßt. Die italienisch-schweizerische Grenze ist militärisch abgesperrt und ist eine fünf­tägige Quarantäne für alle aus der Schweiz Kom­menden angeordnet. Welche Unzuträglichkeiten sich hieraus für den Grenzverkehr entwickeln müssen, be­darf keines besonderen Beweises und wird es daher wohl den Vorstellungen des schweizerischen Gesandten

in Rom gelingen, die italienische Regierung wenig­stens zur Milderung obiger Maßregeln zu bewegen.

Ueber den seitherigen Verlauf' der Quarantäne in Como berichtet derAraldo": Alle aus der Schweiz kommenden Reisenden werden vom Bahnhof per Spezialwagen nach Quercino bei Como geleitet. Dort nimmt ihnen ein Angestellter sämtliche Effekten und Wertgegenstände behufs Aufbewahrung ab. Hie­rauf werden sie dem Lazareth (im Haus des Grafen Reina) übergeben. Die Reisenden beköstigen sich in den eigens hiezu eingerichteten Restaurants; für die Mittellosen wird von Staatswegen gesorgt. Die Bet­ten sind aus den Kasernen requiriert. Die Haft dau­ert fünf Tage, wie schon bekannt. Im Erdgeschoß des Lazareths befinden sich die Verwaltungsbureaux, im zweiten Stock die Schlafsäle mit Männer- und Frauenabteilung und einem gemeinsamen Speisesaale. Für das Logis ist per Tag 3 Frcs. zu zahlen, die Kost soll nicht übel sein.

Egypten.

Nachdem festgestellt ist, daß nicht nur Berber, sondern auch Khartum und Dongola in die Hände der Aufständischen gefallen sind, wird das Geflunker der euglisch-egyptischen Offiziösen von angeblich beab­sichtigten Expeditionen nach dem Sudan, Eisenbahn­bauten durch die Wüste u. f. w. wohl endlich ein Ende haben. Die Engländer können in der That froh sein, wenn es ihnen gelingt, den Einbruch der Sudanesen bei Assuan zu hindern. Dort hat eine Abteilung englischen Militärs festen Fuß gefaßt; auf dieses wird man sich dann auch verlassen kön­nen. Um so schlimmere Erfahrungen dagegen ma­chen die Engländer mit den egyptischen Truppen, die sie gen Süden schicken wollen. Diese reißen teils in Masse aus, teils scheinen sie sich offen em­pört zu haben, weil sie unter engl. Offizieren nicht gegen ihre mohamedanischen Glaubensgenossen käm­pfen wollen. Hieraus können sich die allerschlimm­sten Verlegenheiten ergeben, da die Zahl der in Egypten befindlichen englischen Truppen nicht be­deutend ist, das ganze egyptische Volk aber ebenso denkt wie die eingeborenen Soldaten. Dabei wer­den die Finanzverhältnisse immer schlimmer; Geld ist nur noch zur Bezahlung des englischen Beam­tentums da. Der Bankerott steht vor der Thür, die Konferenz aber kommt mit ihren finanziellen Auseinandersetzungen nicht vom Fleck. Jeder Vor­schlag der Engländer, welche den Zinsfuß herab­setzen wollen, wird von den Franzosen abgelehnt, weil sich der größte Teil der egyptischen Schuld in Frankreich befindet, und umgekehrt wollen die Eng­länder nichts davon hören, wenn die Franzosen da­bei bleiben, daß der Zinsfuß unverändert bleiben soll. Die anderen Mächte sehen diesem Streit einst­weilen unthätig zu. Was können sie auch thun? Amerika.

New - Dork, 21. Juli. Ein Extrazug auf der Connoton Valley Bahn entgleiste am Samstag abend bei Canton (Ohio) und stürzte den Eisenbahn­damm hinab in drei Fuß tiefes Wasser. 25 Perso­nen sind verletzt, 12 andere werden vermißt; man befürchtet, daß dieselben tot sind.

(DieRettungderUeberlebendenderGreeley- Expedition), von welcher der Telegraph Kunde gab, hat in den Vereinigten Staaten große Freude hcrvorgerufen. Die erste Nachricht erhielt das Marine-Departement in Washington durch ein Telegramm des Befehlshabers der Unterstützungs­expedition, des Kapitäns Schlch, welcher am 17. Juli in St. Johns, Neu Fundland, mit den beiden DampfernThetis" undBear" ankam. Die Nordpol-Expedition des Lieutenants Grecley bestand aus 25 Personen, von denen nur noch 7 ein­schließlich Grecley's am Leben waren, als sie von Schlcy am 22. Juni an der Mündung des Smith Sund, nahe bei Kap Sabine anfgefunden wurden. Sergeant Ellison, welcher beide Hände und Füße durch Frostbeulen verloren hatte, starb am 6. Juli, nachdem eine Amputation notwendig geworden war. Die Leiden der Greclch-Expcdition waren fürchterliche. Sieben­zehn Personen starben vor Hunger und Kälte und eine ertrank beim Aufsuchen von Nahrung. DieThetis" undBear" haben 12 Leichen an Bord, 5 andere, welche man in der Nähe des Smith Sund in einem Eisfort begraben hatte, sind ins Meer gespült worden. Ein Mann starb im Januar, die an­deren in den Monaten April, Mai und Juni. Grceley hatte seine Station bei Fort Conger im vorigen August verlassen und erreichte mit allen seinen Leuten Baird Julct am 29. September; sie gaben alle Boote auf und trieben 30 Tage lang auf einer Eisscholle in Smith Sund. Dann wurde am 21? Oktober ein permanentes Lager anfgcschlagcn eben da, wo man die Ueberlcbendew fand. Die Leute hatten nnr wenig Nahrung, zum Teil nur vergrabene Reste früherer Expeditionen. Kapitän Schlch meldet, daß er von Hare Island nach Smith Sund beständig mit großen Eismassen zu kämpfen hatte und mehrere Hunderte von Seemeilen weit mußten die Schiffe Eismassen von 36 Fuß Dicke durchbrechen. Als man die Ueberlebenden der Grceley-Expedition fand, war deren Zustand ein äußerst kritischer und 2 Tage später wäre wahrscheinlich