Amts- und Intelligenz-Blatt für den Overamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60 , in dem Bezirk

2 außerhalb des Bezirks 2 40

Dienstag den 18. November.

Jnsertionsgebiihr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4.

1879

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Ä ui 1 l i e 8.

K. Amtsgericht Nagold.

An die Grtsvsrsteher.

Die Anzeigen, ob, und bejahenden Falls wie viele Rechtsstreitigkeiten vom 1. Jarrrmr bis 30. September dieses Jahres bei den Ortsgerichten angefallen, wie viele derselben durch llrtheil, wie viele auf gütliche Weise erledigt worden sind, sind unfehlbar binnen drei Tagen zu erstatten.

Den 15. November 1879.

K. Amtsgericht.

H.-N. Gund lach, St.-V.

An die K. Pfarrämter.

Die Thalmühle-Conserenz ist auf den Januar verlegt. Tag noch unbestimmt.

Nagold, 14. November 1879.

K. Dekanatamt. Kemmler.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

7-i Richter'scher Vortrag. (Schluß.) Wenn ein zwangsweiser Liegenschaftsverkauf stattfindet, dann kann das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht oder der Gemeinderath als Nvllstreckungsbehörde die zum Verkauf zu bestimmende Liegenschaft auswählen. Dieses hat binnen 2 Wochen nach Anordnung des Liegenschaftsverkaufs zu geschehen und zwar ist in solchem Werth auszuwählen, daß aus dem Erlös die etwa darauf haftenden Pfandschulden und diejenigen Forderungen befriedigt werden, wegen der der Ver­kauf angeordnet worden ist. Zu gleicher Zeit hat die Vollstreckungsbehörde für die einstweilige Verwal­tung der ausgewählten Verkaufsobjekte einen Ver­walter aufzustellen, der also, im Falle nebenbei ein Gantverfahren ab gewickelt wird, neben dem Massen­verwalter besteht. Dieser hat aber auch, falls ein Verkauf zu Stande kommt, für die Gläubiger die Zieler, wenn auf solche verkauft worden ist, einzu­ziehen und an diese auszufolgen, so daß also ein solcher Verwalter, im einzelnen Fall schon mehrere Jahre in Anspruch genommen ist. Der Verkauf darf erst einen und höchstens 3 Monat nach Anordnung desselben vorgenommen werden und haben sämtliche Gläubiger, welche dabei interessirt sind, bis zum Schlüsse des ersten Verkaufstermins eine Berechnung ihrer Forderungen bei Vermeidung der Nichtberück­sichtigung der Vollzugsbehörde zu übergeben. Nach der 1. Verkaufsverhandlung kann sich kein weiterer Gläubiger mehr anschließen und das Ver­fahren wird nur zu Gunsten der bis jetzt bekannten Pfand gläubiger u. s. w. zu Ende geführt. Bei den Zahlungsbedingungen ist auf Barzahlung zu dringen, wo aber dieses nicht thunlich ist, sollen nur 3 Zieler bestimmt werden. Hatten seither Schuldner und die mit Verlust bedrohten Gläubiger das Recht, inner­halb 15 Tagen nach Schluß der Versteigerung einen bessern Käufer beizubringen, so ist nun jetzt den Be­theiligen dieses Recht nur noch in der Weise gewahrt, daß sie von dem 1. Verkaufstermin an gerechnet, mag an demselben ein Angebot gemacht worden sein oder nicht, das Recht haben, binnen 2 Wochen einen Käufer resp. besseren Käufer beizubringen. Ist bei dem 1. Verkauf ein Angebot gemacht worden, aber kein Nachgebot erfolgt, so hat es bei dem Ergebniß des ersten Verkaufs sein Bewenden. Ist aber beim 1. Verkauf kein Liebhaber erschienen, auch wenn in­nerhalb der 2-wöchigen Frist ein Nachgebot gemacht worden ist, dann ist ein 2. Verkaufstermin anzube­raumen. Bei dessen Ergebniß hat es sein Bewenden und ist also ein Nachgebot nicht mehr möglich. Die Kosten haben die Gläubiger auf-Verlangen tm-

Voraus zu bezahlen, lieber die Verwendung der Forderungen resp. die Befriedigung des Gläubigers erhält dieser einen Auszug aus der nach erfolgtem Zuschlag zu fertigenden Verweisung zugcstellt, so daß er dann sein Geld und feine Kaufsschillingsfor­derungen selbst cinziehcn oder sich deßwegen an den Verwalter halten kann. Krajtloserklärungen abhanden gekommener Staatsschuldschcine, Urkunden, Wechseln sind bei den Amtsgerichten resp. Stadtge­richt Stuttgart anzustrengcn, von welchen auch die Zahlungssperren verfolgt werden wird. Einstim­miger Dank der zahlreichen Versammlung belohnte den geehrten Redner für jeine große Mühe und sei­nen lichtvollen Vortrag.

Stuttgart, 13. Nov. In der Menagerie Kaufmann praktizirte gestern der Elephant einem Besucher eine stattliche Anzahl Aepfel aus der Rock­tasche und beförderte dieselben mit Behagen in seinen Rachen. Auf dem Grunde seiner Tasche hatte der betreffende Herr eine wohlgcfüllte silberne Schnupf­tabaksdose. Er scheint nun nicht bemerkt zu haben, daß in Folge des gesunden Appetits, welchen der Elephant entwickelte, das Quantum Aepfel rasch ver­zehrt wurde und auf einmal auf die silberne Dose vom Rüssel in den Rachen befördert worden war. Hiebeiverkirnte" sich aber das gewaltige Thier, und die im Rachen steckengebliebene Dose konnte von dem Wärter nur mit großer Mühe wieder an das Tages­licht befördert werden. Sie war indessen durchaus zerdrückt; der Schnupftabak kam nicht mehr zum Vor­schein; ihn hatte das Thier sich schmecken lassen.

Stuttgart, 13. Nov. Das bürgerliche Col­legium hat heute einstimmig die Errichtung einer Gewerbehalle in der Nähe des Stadtgartens be­schlossen. Voraussichtlich findet darin 1881 eine Landesgewerbe-Ausstellung statt. (N.-Z.)

Stuttgart, 14. Nov. Zugmeister Siegle, welchem ein Theil der Schuld an den jüngsten Hei- delsheimer Eisenbahnunglück zugeschricben wird, be­findet sich, nachdem er in Karlsruhe über den Sach­verhalt gerichtlich vernommen worden, wieder hier auf freiem Fuße, allerdings vom Dienst suspendirt und auf die Hälfte seines Gehalts angewiesen. Zu seinem Vertheidiger für die jedenfalls interessant werdende Gerichtsverhandlung hat er den Rechtsan­walt Payer II. ausersehen.

Stuttgart, 15. Nov. Wie wir hören, ist die Stiftspredigerstelle dem Oberkonsistorialrath vr. Burk übertragen worden.

Stuttgart, 15. Nov. In der neuen katho­lischen Kirche ist ein Prächtiger eben erst gestifteter Teppich gestohlen worden.

Brandfälle: In Großheppach (Waiblin­gen) am 12. Nov. 2 Wohnhäuser und 1 Scheuer; in Wurmlingen (Tuttlingen) am 13. Nov. ein Holzschopf und ein anstoßendes Wohnhaus.

Backnang, 12. Nov. Die Betriebseröffnung der Eisenbahnstrecke BacknangBietigheim ist jetzt nach demM. B." auf 1. Dez. mit aller Be­stimmtheit zu erwarten. Der Ausstattungszug wird am 28. Nov. die Strecke passiren. GaildorfHes­senthal kommt am 1. Dez. gleichfalls in Betrieb.

Heilbronn. Die württembergischcn Auswan­derer von der Partei des Pfarrer Flöter in Baiern sind nun bei Suchum Kale am schwarzen Meere angesiedelt. Sie haben dort wohl schönes Land von ! der Regierung, bekommen, werden aber wenig gesunde ! Tage haben, da das Wechselfieber dort sehr heimisch ist. Auch sollen die Leute unter sich uneinig sein. ' Viele sollen jetzt schon den Auszug aus der fchwäbi- , eschen Heimath bereuen. (N.-Z.) l

Bruchsal, 13. Nov. Gestern Abend brannte dahier das Lumpenmagazin von S. Weil Söhne nieder.

Wir stecken alle mitten in einem wunderlichen Kreislauf der Dinge. Vieles was als abgethan und schädlich früher betrachtet wurde, kommt jetzt wieder auf die Tagesordnung aus keinem besseren Grunde, als weil es Geld eintrügt. Dazu gehört auch die Klassenlotterie in Bayern. Der Abg. Schels hat ihre Wiedereinführung in Bayern förmlich und feierlich beantragt. Schön sei sie zwar nicht, sagte er, aber warum solle sich Bayern in seiner Finanz- noth gegen sie sperren! Bayern dürfe nicht mehr spröde sein ; es sei besser, der bayerische Staat behalte das Geld, das seine Bewohner nun mal verspielen wollten und jetzt nach Preußen, Sachsen, Braun­schweig und Oestreich trügen.

In Frankfurt am Main plant man für 1881 eine mitteldeutsche Ausstellung, welche aus den Pro­vinzen Hessen-Nassau, dem Großherzogthum Hessen, aus Thüringen und dem nördlichen Baiern, aus Wür- temberg und Baden und aus Elsaß-Lothringen die Erzeugnisse des Gewerbefleißes vereinigen soll. Eine Delegirten-Versammlung von Gewerbe-Vereinen hat mit 18 gegen 1 Stimme der Sache näher zu treten beschlossen, und mehrere Vereine haben bereits G.a- rantiezeichnungen zugesagt. Von der Heranziehung der Kunst mußte man, weil der Künstler-Verein sich ausschloß, für's Erste Abstand nehmen.

Goldap, 11. Nov. In dem Dorfe G. starb ein zehnjähriger Knabe ohne vorhergegangene Krank­heit. Bei der Sektion ergab sich, daß der Hunger der Grund des Ablebens gewesen war, da in den betreff. Organen sich fast gar keine Nahrungsstoffe vorfanden. Die Eltern des Knaben, die in sehr kümmerlichen Umständen leben und eine große Familie zu unterhalten haben, hatten ihm die Speisen so kärglich zugemessen, daß das Kind buchstäblich ver­hungert war.

Trebnitz, 11. Nov. Ein hiesiges bäuerliches Liebespaar, dem Hindernisse für die Verheirathung bereitet wurden, hat sich mit Stricken zusammenge­bunden und im Teich ertränkt.

In Crefeld bot ein verkommener Trunkenbold in einer L-chnapswirthschaft fein 6 Jahre altes Kind für 6 Groschen feil. Der Schurke wurde verhaftet.

In Plauen hat sich ein Mann vor einem Wasserzuber gekniet und seinen Kopf in das Wasser gesteckt, bis er erstickte.

Berlin, 13. Nov. Glaubwürdigen Nachrichten zufolge so meldet ein Telegramm derF. Z."- wird der nächste Militüretat noch keine erhebliche Erhöhung enthalten. Wesentliche Erhöhungen im Militäretat werden erst 1882 eintreten, dann wird auch der gegenwärtige Präsenzstand von 401,000 Mann nach der Volksvermehrung erhöht und zukünf­tig nach der Volkszählung stets vermehrt werden.

Berlin, 13. Novdr. Die Vermehrung des Reichsheeres ist, wie das Berl. Tagbl. zu wissen glaubt, trotz der schüchternen Versuche einiger Offi­ziöser, die betreffenden Nachrichten zu dementiren, eine bereits festbejchlossene Maßregel. und der nächste Reichshaushalt wird die betreffenden Mehraufwen­dungen enthalten. Zunächst wird die Artillerie um ein neues fünfzehntes Regiment und die bestehenden vierzehn Artillerie -Regimenter werden um je eine Feldartillerie-Abtheilung erweitert. Alsdann wird unverzüglich mit der kompetenten Bildung des fünf­zehnten Armeekorps vorgegangen werden. Auch die Marine Etablissements werden eine gewaltige Erwei­terung erfahren, da man, seit der Vollendung der