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Der M ell ümter
Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 8mal und kostet Einrückungsgebühr für die kleine
Nr. 23. halbjährlich bier kr., im Bezirk JolMerstag dM 27. JeßrUar. Zeile aus gewöhnlicher Schriit mit Postaufschlag k st. 8 kr. 2 Kreuzer.
Amtliches.
Nagold. Orts-Bauschau. Die Orts-Vorsteher haben in Ausführung des Art. 83 der Bauordnung hieher anzuzeigen, welches Mitglied der Banschau mit Besorgung der Geschäftsleitung betraut ist, welches bauverständige Mitglied derselben für die vorschriftmäßige Ausführung der Bauwesen bestimmt ist, und wer für den Fall der Verhinderung eines Mitglieds der Bauschau zu dessen Stellvertreter berufen ist.
Nagold, den 24. Fcbr. 1873. K. Oberaml.
G ü utne r.
Nagold. An die k. Pfarrämter. Nachstehender Erlaß des k. statistisch-topogr. Bureau vom 19. d. M. wird hiedurch zur Kenntniß der k Pfarrämter gebracht, um sich hienach zu achten.
Den 24. Februar 1873. K. Oberamt.
Güntner.
Das königliche statistisch-topographische Bureau an das K. Oberamt Nagold.
Bei Prüfung der Verzeichnisse und Uebersichten über die Eheschließungen, Geburten und Todesfälle des Jahres 1871 hat sich ergeben, daß namentlich bei Aufstellung der Verzeichnisse über Trauungen die Vorschrift des §. 3, Absatz 1, der Verfügung vom 25. Januar 1871, wornach die Trauungen ausschließlich da zu verzeichnen sind, wo sie Vorkommen, ungeachtet der in unserem autographirten Erlaß vom 30. Juni 1871, Nr. 2420, gegebenen ausführlichen Erläuterung, noch vielfach mißverstanden wird, indem solche häufig in die Verzeichnisse für diejenigen politischen Gemeinden ausgenommen werden, welcher die getrauten Paare anzehören, anstatt in das Verzeichniß sür die politische Gemeinde, zu welcher die Kirche oder überhaupt das Local gehört, wo getraut wurde.
Zn Vermeidung solcher Irrungen haben sämmtliche Pfarrämter auf dem Titel des Verzeichnisses der Eheschließungen unmittelbar nach dem letzteren Wort die Namen der sämmtliche» Trauungsorte anzugeben, wo eine derartige kirchliche Handlung von ihnen vorgenommen worden ist, wobei sich dann aus §. 5 der Verfügung vom 25. Januar 1871 von selbst ergibt, daß wenn die Trauungsorte in verschiedene politische Gemeinden gehören , die Trauungen nicht in einem Eheschließungsverzcichniß zusammen genommen werden dürfen.
Die Oberämter werden beauftragt, solche Eheschließungsverzeichnisse für das Jahr 1872, bei welchen zu vermuthen ist, daß sie unrichtig ausgestellt worden sind, hienach ergänzen zu lassen, künftig aber alle Verzeichnisse zur Ergänzung und Umarbeitung zurückzngeben, bei welchen diese Vorschrift nicht beachtet wurde.
Ferner hat sich bei Zusammenstellung der Uebersichten über die Geborenen und Gestorbenen des Jahres 1871 ergeben, daß bei den Todtgeborenen, welche nach dem Consistorial-Erlatz vom 20. November 1871, Amtsblatt S. 1984, sowohl in das Taufbuch, als in das Todtenbuch eingetragen werden sollen, deren Gesammtzahl in den Uebersichten über die Geburtsfälle häufig nicht übereinstimmt mit der Gesammtzahl in den Verzeichnissen über die Sterbesälle, wodurch bei der Revision der Zusammenstellungen vielfache Erörterungen und Berichtigungen veranlaßt worden sind. Zur Abschneidung solcher Anstände wird daher angeordnet, daß in den Verzeichnissen der Sterbefälle unter der Spalte Bemerkungen für jeden Monat die Zahl der hierunter begriffenen Todtgeborenen besonders angegeben, und damit die Uebereinstimmung dieses Verzeichnisses mit den betreffenden Monats- fvalten der Ueberstcht über die Geburtsfälle im Einzelnen nach- gcwiesen werde, welche sodann von den Oberämtern bei der Zusammenstellung der Gemeindeübersichten zu prüfen ist.
Außerdem sind die Pfarrämter darauf aufmerksam zu machen, daß unter „Familienstand" verstanden wird, ob unverheirathet, verheirathet, verw.ittwet, oder geschieden? indem manche von ihnen diesen Begriff mit dem der Stellung in der Familie (Hausvater, Sohn, Tochter rc.) verwechselt haben.
Die Verzeichnisse über Eheschließungen sowohl, als die Uebersichten über Geburts- nnd Sterbesälle in den einzelnen Ge
meinden sind von dem Pfarramt für jede Gemeinde besonders anzulegen nnd sind auch so hieher vorzulegen.
Stuttgart, den 19. Februar 1873.
Zelle r.
Wie es im römischen Concil mit der Unfehlbarkeit zugegangen ist,
schilderte ans der Katholikenversammlung in Coustan; dieser Tage der tief eingeweihte Professor Friedri.ch in München, der Zeuge des Concils mar.
Schon mit Uebergabe der Geschäftsordnung war die Verkündigung der Unfehlbarkeit entschieden. Die meisten Bischöfe hatten aber gar nicht gemerkt, was für ein gefährliches Papier sie mit dieser Geschäftsordnung, welche das alleinige Vorschlagsrecht dem Papste znschrieb, in Händen hatten. Den theologischen Beiräthen sei es gelungen, sie darüber aufzuklären z nach nnd nach habe sich auch eine Opposition gebildet, aber im Ganzen haben die Oppositionsbischöfe das Lob nicht verdient. Im März 1870 sei Cardinal Rauscher überzeugt gewesen, daß die Unfehlbarkeit bei den Jesuiten beschlossene Sache sei und sic fest daraus los- steuertcn. Er habe aber erklärt: in keinem Falle ein Schisma hervorrnfen zu wollen. Die äußerliche Einheit habe ihm höher gestanden als die Wahrheit (Bewegung.) Trotz aller Machinationen hätten 80 Bischöfe gegen das Dogma gestimmt und eine große Anzahl mit plaöot faxta inoäum; was das heißen solle, wisse man nicht, es sei nur die etwas ummäntelte Charakterlosigkeit. (Große Bewegung.) Als in der letzten Stunde die Oppositionsbischöfe sich zum Papste begeben hätten, um ihn zn bitten, von dem Unternehmen abzustehen, sei derselbe weich geworden und habe ihnen eine Aenderung versprochen. Nachträglich aber hätten die Jesuiten den schwachen alten Mann wieder anders gestimmt, indem sie ihm drohten, er werde, wie Papst Honorins II, zum Ketzer erklärt werden, wenn er nachgebe. Den Opposilionsbi- schöfen wurde schließlich gesagt: die Sitzung zur Hauptabstimmung über das Dogma sei bereits anberaumt und könne nicht widerrufen werden. Also der Umstand, daß die Sitzung bereits angesagt war, wurde dafür entscheidend, der katholischen Christenheit eine so ungeheure Lüge aufzubinden! (Sensation.) Pius IX. habe später selbst gestanden, daß er das betreffende Schema noch nicht gelesen habe. Er wußte in den entscheidenden Tagen selbst nicht, wie und mit welchen Worten die Jesuiten ihn für unfehlbar erklären wollten. (Bewegung.) Ja, meine Herren, ich sage dies mit vollem Bewußtsein: auch bei der Verkündigung des Dogmas von der unbefleckten Empfängniß wußte der Papst nicht, was er unterzeichnet hatte. (Große Bewegung.) Als nach der entscheidenden Abstimmung vom 18. Juli 1870 55 Bischöfe fluchtähnlich die Stadt Rom verließen, überreichten sie in ihrem Namen und wie sie sagten, im Namen vieler anderer einen Protest und gaben sich das Wort: wenn sie in ihre Diöcesen zurückgekehrt sein würden, nicht vereinzelnd zu handeln. Nach dem Concil kamen sie auf Betreiben des Erzjesuiten v. Ketteler und des nicht minder gefährlichen (wenn auch weniger gescheidten, dafür desto gefügigeren) Bischofs v. Melchers von Köln in Fulda zusammen, um sich gegenseitig ihr Wort zu brechen. (Tiefe Bewegung.) Welche Praktiken angewandt wurden, um die Unterwerfung herbei zu führen, dafür gab Redner noch ein weiteres Beispiel. In dem „Giornale di Roma", der offiziellen päpstlichen Zeitung, erschien etwa zwei Monate nach dem Concil ein Artikel: daß die Cardinäle Rauscher und Schwarzenberg sich unterworfen hätten, was gänzlich unwahr war. Man brachte durch jenen Artikel die Cardinäle in die Lage, entweder erklären zu müssen, das offizielle Blatt habe gelogen, oder sich durch Stillschweigen zu unterwerfen. Sie wählten Letzteres. So kam durch Wortbruch, List, Lüge und Betrug der sogenannte conssn- 8U3 uuanimis zu Stande. (Bewegung.) Redner kehrt zur Unterwerfung der Deutschen Bischöfe zurück. Die meisten derselben seien unwissend und schwach von Charakter, da die Regierungen leider seit Decennien nur die unwissendsten und charakterlosesten der Theologen auf die Bischofsstühle haben gelangen lassen, in der Meinung, mit solchen gefügigen Werkzeugen am besten regieren zu können. (Lebhafter Beifall.) Wie sehr sie sich getäuscht,