Wie Bonaparte als erster Consul seine Staats- Rathe behandele.
Als Bonape.rte am Abend des 24. Dezember 1800, nach der bekannten Erplosion der Höllenmaschine, in der Oper erschien, sprach er ruhig zu denen, die ihm in seiner Loge ihre Aufwartung machten: „Sie wissen cs noch nicht, die Schurken von Jakobinern haben mich in die Lust sprengen wollen!"
Aber Bonapartes Ruhe war dieses Mal nur eine äußerliche; eS zog sich in seiner Seele ein Gewitter zusammen, das nach dem Conzcrte, als er wieder in die Tuil- lcrien zurückgekchrt war, in donnernden Worten und furchtbaren Ecberden ausbrach. Obgleich noch gegen Niemanden Beweise irgend einer Art Vorlagen, und man nicht wissen konnte, von welcher Partei der Mordversuch ausgegangen , so wiederholte Bonaparte in seinem Zorn doch immer wieder, die Jakobiner seyen die Anstifter desselben, und wenn es wahr ist, was das Sprüchwort sagt, daß nur dem Reichen geliehen wird, so mochte Bonaparte entschuldigt werden, wenn er ihnen noch ein Verbrechen mehr aufbürdete.
Am andern Morgen eilten Deputationen des Staats- rathes, des Senates, des gesetzgebenden Körpers und der Tribunen in die Tuillericn, um dem ersten Consul ihre Glückwünsche darzubringcn, daß er glücklich der Gefahr entgangen sey, womit sie zugleich den Wunsch auSspra- chen, es möge gegen die Urheber des MordAnschlags mit aller Strenge verfahren werden.
Boulay de la Meurthc, einer der ersten, der im Namen des Staatsrathes den ersten Consul beglückwünschte, schloß seine Rede mit den Worten: „Es ist endlich Zeit, Bürger, erster Consul, dem Nativnalwunsch Genüge zu leisten und alle zur Aufrcchthaltung der öffentlichen Ordnung nöthigen Maßregeln zu ergreifen."
„Ja, Bürger"" antwortete Bonaparte, „ich werde gegen die ScptcmberMänner Maßregeln ergreifen. So lange diese Handvoll Räuber mich geradezu angriff, durfte ich den Gesetzen die Sorge überlassen, sie zu bestrafen; aber da sic durch ein beispieloseS Verbrechen einen Thcil der Bevöklernng und der Stadt gefährdet haben, soll die Strafe, die ich ihnen bereiten werde so schnell als cremplarisch scyn....Diese Elenden, nie haben sie etwas anders geihan, als die Freiheit durch die Verbrechen zu verlaumden, die sie in ihrem Namen begingen; doch will ich sie in die Unmöglichkeit versetzen, noch ferner Böses verüben zu können."
Man müßte das Gesicht Bonapartcs in diesem Augenblicke, man müßte die ausdrucksvollen Geberden gesehen haben, mit denen er seine Worte begleitete, um sich einen Begriff von der Art zu machen, in der er sic aussprach.
Als sich die Deputationen zurückgezogen hatten, blieben nur noch einige geheime Räthe und die Minister des Innern und der Polizei im Fricdenssaale, in dem die Deputationen empfangen worden waren. Der Minister der
Polizei, Fouche, suchte Lucian Vonaparte, seinen College» , zu beweisen, daß lediglich die ausgewanderten Royalisten mit Englands Hülfe und Unterstützung den Anschlag angezettclt und ansgefuhrt hätten, da kam Bonaparte, der Boulay de la Meurthe bis an die Thüre begleitet und dort noch mit ihm gesprochen hatte, zurück, und unterbrach dann Fouche, dem er einen Augenblick zugehört hatte , heftig mit den Worten: „Nein, nein, sie werden weder meinen Bruder noch mich anders überzeugen, weder Adelige, noch Chouans, noch Priester sind in diesen Handel verwickelt, es sind nur SeptemberMänncr, Schurken, mit jeglicher Art von Verbrechen beladen, in steter Verschwörung, in offenem Aufruhr begriffen, als Bataillon im Omarrce ausgestellt gegen alle Regierungen, die sich seit Anfang der Revolutionen gefolgt sind. Es sind angebliche Patrioten, verstärkt von Malern, Bildhauern, von elenden Histrionen, die eine hitzige Einbildungskraft und ein wenig mehr Kenntnisse haben, als das Volk, mit dem sie leben, und auf das sie einigen Einfluß üben, wenn sie mit ihm zusammen in der Schenke sind. Das sind die Werkzeuge der Tage von Versailles, vom September, vom 3l. Mai, von Prairial; WaS weiß ich noch!.. Oh! oh! ich kenne sie! .."
Die Staatsräthe, welche noch anwesend, waren vollkommen der Meinung des ersten Consuls und nahmen keinen Anstand, Fouche, der übrigens von ihnen Allen aus Herzensgründe verabscheut ward, offen anzuklagen. Der Minister der Polizei aber hatte sich, als er alle Anklagen und Reden hörte, ruhig in eine Fensternische zurückgezogen, und blieb dort, schweigend, aber furchtbar blaß. Die Hoflcute betrachteten ihn schon als einen verlorenen Mann; ein Staatsrath, der in das allgemeine Eifern gegen Fouche nicht eingestimmt, hatte Mitleid mit ihm, trat auf ihn zu und fragte ihn : „Aber was bedeutet denn das? weßhalb vertheidigen sie sich nicht?" „Laßt sie doch reden," antwortete der Polizei-Minister mit erzwungenem Lächeln, „ich will weder des Staates Sicherheit noch irgend wen compromittircn .. ich will reden, wenn es Zeit scyn wird; wer zuletzt lacht, lacht am besten." (Spätere Nachforschungen rechtfertigen bekanntlich die von Fouche gleich Anfangs ausgesprochene Behauptung.)
„Wir müssen durchaus ein Mittel finden," sprach Bonaparte zu denen, die im Kreise um ihn her standen, „um den Rädelsführern und Thcilnchmern des Mordversuchs von gestern schnell ihr Recht widerfahren zu lassen. Die Scctionen der Gesetzgebung und des Innern des Staats- rathcs werden siw zur Berathung darüber noch heute um 2 Uhr versammeln; ich habe sic zu diesem Zwecke zusammen berufen lassen. Seit mehreren Tagen bcichäftigen wir uns mir den SpccialTribunalcn, um dem gewöhnlichen Bereich der Gerichte die zu entziehen, welche auf den Heerstraßen die Wagen anhalten und plündern, und die Räuber welche unter dem Namen cNsulle»,-« bekannt, auf dem platten Lande ihr zügelloses Wesen treiben; ich bin der Meinung, es wird hinreichend seyn, wir fügen dem Ge- setzEntwurf noch einen Artikel zu und weisen denselben