Klaus Pichler · Eine Betrachtung zu zwei Gedenktafeln an die Kriege von 1866 und 1870/71 Bismarck war damit ein Schachzug gelungen, der für Frankreich verhängnisvoll und in Deutschland zum Sockel seines Nachruhms werden sollte. Frankreich hatte die Rolle des Aggressors übernommen, was in allen deutschen Ländern eine Welle patriotisch-nationalistischer Solidarisierung auslöste. Bis auf Österreich, das ja unter den deutschen Staaten nichts mehr zu suchen hatte, scharten sich alle um Preußen. Recht gut drückt das Gedicht des Westfalen Emil Rittershaus die Stimmung aus: Ein einig Deutschland! Ach wie lang begehrt, Wie oft erseht in unsrer Träume Dämmern! Nun droht der Fremdling deutschem Hof und Herd, Und es ist da! Nun muss das Frankenschwert Mit einem Schlage uns zusammenhämmern! Die Söhne Deutschlands sind von mancher Art, Doch seit der Mutter Schmach geboten ward, Giebts keinen Grenzstrich mehr auf unsrer Karte Da kennen wir nur einen Schrei der Wut Und einen Kampf aufs Messer, bis aufs Blut! Nur einen Wahlspruch: Nieder Bonaparte! Während der deutsche Truppenaufmarsch planmäßig und zügig vonstattenging, kam es auf der gegnerischen Seite zu einem organisato­rischen Durcheinander. Von den Geheimbünd­nissen Preußens mit den süddeutschen Ländern hatten die Franzosen wenig mitbekommen und waren entsprechend überrascht. Die franzö­sische Operationsplanung hatte einen Durch­stoß via Saarland und Pfalz ins Maintal vorge­sehen, um den Norddeutschen Bund von den Südstaaten abzuspalten, doch scheiterte der Angriff schon zu Beginn. Darauf marschierten entsprechend der Generalstabsplanung unter Helmuth von Moltke drei deutsche Armeen in Frankreich ein. Nach einer Reihe von Ge­fechten war die französische Rhein-Armee in Metz eingeschlossen. Die zweite französische Hauptarmee unter Mac Mahon sollte von Reims aus zum Entsatz von Metz vorrücken, konnte jedoch bei Sedan vom deutschen Gegner umfasst werden und erlitt am 1. September eine vernichtende Niederlage. Diese entschied zwar nicht den Krieg, die Folgen waren dennoch bedeutsam: Mit den Resten der Armee kapitu­lierte am 2. September auch Napoleon III. und begab sich in Gefangenschaft. Zwei Tage später hatte in Paris dieDritte Republik die Macht übernommen und den Kaiser der Franzosen für abgesetzt erklärt. 182