Stefan Wintermantel · Der Grundriss von St. Aurelius in HirsauNordturm nur Bereiche der Süd- und Ostwandaus Kleinquadern, die Außenwände jedoch ganzaus Großquadern, die in die erste Hälfte des12. Jh. zu datieren sind. Dieser Unterschied inder Mauertechnik erklärt auch, wieso der Nordturm zusammen mit dem Westgiebel auf derAltartafel vonAbb. 1rotbraun, der Südturm wiedie übrige Kirche jedoch weiß dargestellt ist.Offenbar war der aus roten Sandsteinquaderngemauerte Nordturm im Gegensatz zum Kleinquadermauerwerk unverputzt geblieben.Die Nordwand des Langhauses besteht nur nochin ihrem östlichen Teil bis in eine Höhe von ca.2,50 m aus dem ursprünglichen romanischenKleinquadermauerwerk. Auf der Westseite ist sieganz erneuert. Hier befindet sich heute eine Tür,deren Umrahmung – monolithische Pfosten undein giebelförmiger Sturz – aus älterer Verwendung stammen. Da der erneuerte Wandabschnitt sicherlich dem ursprünglichen Mauerverlauf folgt, dürften die dort abgenommenenMaße vonAbb. 3weitgehend den anfänglichenZustand wiedergeben. Gegenüber der nordseitigen Tür befindet sich auf der Westseite dersüdlichen Außenwand – nahe am Südturm – einezugemauerte Türöffnung, die sich ebenfalls ausmonolithischen Pfosten und einem gegiebeltenSturz zusammensetzt. Weiter östlich war ursprünglich eine weitere Tür angelegt, die aberschon früh, vermutlich gleichzeitig mit demEinbau der westlichen Tür, zugemauert wurde.Beiderseits dieser ehemaligen Türöffnungspringt das Mauerwerk im Sinne einer Portalumrahmung um ca. 10 cm nach außen vor. Nachinnen bilden die Außenwände des Langhausesauf der Nordseite bis in Höhe von 0,55 m, aufder Südseite bis in Höhe von 0,70 m über demheutigen Fußboden einen 15- 30 cm weitvorspringenden Sockel aus. Auf diesem Sockelliegen die Plinthen von Halbsäulen auf, an derenoberem Ende würfelförmige Halbkapitelle anschließen. Da die Seitenschiffe – wie auch dieVorhalle zwischen den beiden Türmen – ursprünglich überwölbt waren, dienten die oberhalb dieser Kapitelle liegenden Kämpfer alsGewölbeauflager.Durch das östlich anschließende Querhauserhielt der Kirchengrundriss die Form des lateinischen Kreuzes. Das Querhaus war(in OstWest-Richtung) gleich breit wie das Mittelschiff,so dass die Vierung an der Kreuzungsstellequadratisch war. Die Kompartimente im nördlichen und südlichen Querhausarm waren ebenfalls annähernd quadratisch. An ihren östlichenSeiten befanden sich die halbrunden Nebenapsiden. Das an die Nordostecke des heutigenKirchenbaus nach Norden anschließende Gebäude Calwerstr. 6 enthält bedeutende Teile derWest- und Nordwand des nördlichen Querhausarms. Ursprünglich als herzogliches Forsthauserbaut, beherbergt es heute das Hirsauer Klostermuseum.Östlich der Vierung setzte sich der Kirchenraumin das Presbyterium, den Altarraum fort. Es wargleich breit wie die Vierung und das Mittelschiff,jedoch im Gegensatz zu den Räumen im nördlichen und südlichen Querhausarm nicht quadratisch, sondern längsrechteckig. Da es vollständig innerhalb der Mauerzüge des Chors derehemaligen karolingischen Kirche lag, nahm dasAureliusgrab auch in der zweiten Kirche eineprominente Stellung in der Mittellinie desöstlichen Altarraums ein. Dem Presbyterium warim Osten die eingezogene halbrunde Hauptapsisvorgesetzt. Quer zur Kirchenlängsachse zog sichvon Süden zwischen dem Heiligengrab und demSpannfundament der Apsis ein Gang in dieTiefe, von dem aus die Höhlung des karolingischen Steinplattengrabs nach Westen abzweigte. Entgegen früherer Vermutungen wurdeer erst nachträglich angelegt, wahrscheinlich imspäten Mittelalter.Nur kurze Zeit nach Fertigstellung der Kirchewurden nördlich und südlich des PresbyteriumsNebenräume angefügt. Adolf METTLER führtden Anbau dieser Nebenräume auf die Einführung der Cluniazenser Gewohnheiten durch AbtWilhelm zurück(ab 1079). Sie sollten neben derFunktion als Altarräume auch Stätten der einsamen Andacht und freiwilligen Selbstgeißelungsein. Die Architektur der Aureliuskirche war94