Uwe Gast · Das Kloster Hirsau und seine mittelalterlichen Glasmalereien mar Kramer gingen noch einmal ausgiebig auf die ehemalige Kreuzgangverglasung ein. 8 Die Summe der circa 200-jährigen Forschungsgeschichte zog Rüdiger Becksmann 1986: In dem Hirsau betref­fenden Kapitel seines BuchesDie mittelalter­lichen Glasmalereien in Schwaben von 1350 bis 1530 führte er die materielle und schriftliche Glasmalerei-Überlieferung mit der Baugeschichte und dem Baubestand des Klosters zusammen und vermochte so ein anschauliches Bild von den ehemaligen Farbverglasungen des Kreuzgangs und der Allerheiligenkapelle zu zeichnen. 9 noch aufrecht stehende Bauteil der Kirche, konnte mittels dendrochronologischer Untersu­chungen in die Zeit um 1120 datiert werden. 12 Mit dem hochmittelalterlichen Hirsauer Kloster ist keine Glasmalerei-Überlieferung verbunden. Weder sind Reste ergraben worden, noch gibt es schriftliche oder bildliche Nachrichten von gemalten Fenstern. Sie gibt es erst aus dem Spätmittelalter, als das Kloster nach einer Zeit des allgemeinen Verfalls einen neuen Auf­schwung genommen hatte. 13 In jüngeren Arbeiten, so sie die einstige glasmale­rische Ausstattung des Klosters betrafen, hat man sich immer wieder auf die Forschungen von Rüdiger Becksmann berufen, vor allem Anneliese Seeliger­Zeiss, Renate Neumüllers-Klauser und Sabine Rehm. 10 Auch meine Ausführungen sind ihnen in hohem Maß verpflichtet, auch wenn ich im Detail zu abweichenden Ergebnissen gelange. Sie rechtfer­tigen es, das Thema noch einmal aufzugreifen. Baugeschichte, Baubestand und Glasmalerei­Überlieferung Wenn von dem ehemaligen Benediktinerkloster Hirsau die Rede ist, dann ist in aller Regel, und so auch hier, jene seit 1692 in Ruinen liegende Anlage westlich der Nagold gemeint, die an dieser Stelle von dem Reformabt Wilhelm errichtet worden war(Baubeginn 1082, Weihe der Klosterkirche St. Peter und Paul 1091, Umzug des Konvents vom älteren Aurelius­Kloster in die neue Anlage 1092). 11 Liturgisches Zentrum war die fast 100 m lange, zum Zeit­punkt der Weihe wohl noch nicht vollendete Kirche eine Basilika mit einem dreiteiligen, gestaffelten, gerade schließenden Chor, einem ausladenden Querhaus und einem dreischiffigen, durch Pfeiler und Säulen in neun Joche unter­teilten Langhaus. Dem Langhaus war im Westen eine Vorkirche mit zwei Türmen vorgelagert, die nicht zum ursprünglichen Baubestand gehörte. Sie wurde wenige Jahre später angefügt; der erhaltene Nordturm(sog. Eulenturm), der einzig Weder die erste noch die einzige, aber ohne Zweifel die wichtigste Voraussetzung hierfür war Hirsaus Beitritt zur Reformbewegung der Burs­felder Kongregation um 1457/58 unter Abt Wolfram Maiser von Berg. Mit der inneren Erneuerung gingen umfangreiche Baumaßnah­men einher. Deren Initiator war Abt Bernhard von Gernsbach, der dem im Jahr 1460 verstor­benen Wolfram auf dem Abtsstuhl gefolgt war und in der Chronistik alssecundus fundator, als zweiter Gründer nach Abt Wilhelm gilt. Bernhard starb 1482. Die auf ihn folgenden Äbte, Georg Maiser von Berg( 1484), vor allem aber Blasius Scheltrub aus Aidlingen( 1503) und Johannes Hannßmann aus Calw( 1524), schließlich Johannes Schultheiß aus Tübingen ( 1556), haben sein Werk vollendet. Die Baumaßnahmen, die sich von den 1470er­Jahren bis in das frühe 16. Jahrhundert hinzogen, betrafen vor allem die Klausur, das heißt den Kreuzgang und alle mit ihm verbundenen Bauten wie Kapitelsaal, Sommer- und Winterrefekto­rium und Dormitorium, sodann den Bau von Kapellen, schließlich Verwaltungs- und Wirt­schaftsgebäude. Hier interessieren besonders der Kreuzgang(Abb. 1), der sich südlich an die Klosterkirche anschloss, und die nördlich an deren Chor und östlich an das Nordquerhaus angebaute Allerheiligenkapelle(Abb. 2). Mit dem Kreuzgang ist eine reiche schriftliche und in geringen Resten auch materielle Glasmalerei­Überlieferung verbunden(Abb. 4); für die Aller­heiligenkapelle wird eine Gruppe von Glasmale­104