Kohlebrennen im Stellungskrieg1915 in FlandernFritz Barth, Bad Wildbad-CalmbachDie jahrhundertelang im Nordschwarzwald ausgeübteKöhlerei ist weithin bekannt und in einer Reihe vonheimat- und kulturgeschichtlichen Büchern und auch inzahlreichen Museen dokumentiert. Besonders die Bilderserie des Wildbader Hoffotografen Karl Blumenthal undseine schriftlichen Aufzeichnungen„Bei den Kohlenbrennern“ in den Blättern des württembergischenSchwarzwaldvereins von 1911 geben Zeugnis davon.Auch wird von der Forstverwaltung Enzklösterle ab undzu ein Kohlenmeiler aufgebaut, um den Kurgästen diesesuntergegangene Waldgewerbe zu demonstrieren.Wenig bekannt ist dagegen, dass im 1. Weltkrieg, nachdem Erstarren des anfänglichen Angriffsschwungs, alsdie deutschen Armeen in Frankreich und Belgien zumStellungskrieg gezwungen wurden, dort Holzkohlegebrannt wurde. Oft lagen die vorderen Schützengräbenvon Freund und Feind auf Handgranaten-Wurfweitegegenüber. Durch französischen und englischen Artilleriebeschuss, der sich zum Trommelfeuer steigernkonnte, war für die Essensträger oft kein Durchkommenbis zu den vorderen Linien, oder die Rationen konntennur kalt vorgebracht werden.Um auch in den feindnahen Gräben und Unterständen das Essen durch rauchloses Feuer erwärmen zu können, wurde Holzkohle benötigt. DasFeuern mit Holz musste dort wegen der starkenRauchentwicklung unterbleiben.Zur Holzkohlenerzeugung hatte zum Beispiel das 8.Württembergische Infanterie-Regiment 126„GroßherzogFriedrich von Baden“ in der Etappe Kohlenmeiler erstellt.Es waren in diesem traditionsreichen Regiment ja vieleSchwarzwälder, die wussten, wie Holzkohle gewonnenwerden kann. Im Regimentsbuch, verfasst von denGeneralmajoren a. D. Glück und Wald, wird über dieKorpsreserve im flandrischen Meenen im August undSeptember 1915 folgendes geschrieben:„Da in den Stellungen kein Feuer gemacht werden durfteund es doch manchmal erwünscht schien, erkaltetesEssen wieder aufzuwärmen, der Soldat auch gerne ausseinen eigenen Vorräten etwas kochte oder brutzelte,um ferner im Winter ohne Bedenken Schützengrabenöfen in Gang setzen zu können, hatte das Regiment ineinem Eichenwald bei der Wasserburg eine Kohlenbrennerei eingerichtet. Unter unsern Schwarzwäldern fandensich die nötigen Fachleute dazu. Sie zeichneten sichdurch Fleiß und guten Appetit aus. Wöchentlich liefertensie 40 Maltersäcke Holzkohlen und bezogen dafür einedoppelte Speckportion. Im Spätherbst aber war der Waldschon so ausgelichtet, dass wir nach einem anderenGehölz Ausschau halten mussten.“Soweit diese Episode aus dem Regimentsbuch, die aufzeigt, wie Not erfinderisch macht.Als Dank für zwei Feldpost-Päckchen sendete Soldat W.Beisswenger an Paul Seyfried, Rössleswirt in Calmbach,am 17. Februar 1915 zwei Postkarten aus Flandern.Darauf sind Schwarzwälder Soldaten beim Aufbau einesHolzkohlen-Meilers in der Etappe abgebildet.Er schrieb dazu:„Anbei 2 Kärtchen von einem Köhlerhaufen im Bau, dabei sind auch 2 Soldaten aus dem Enztal. Die Holzkohlen werden vorne im Schützengraben ineinem Ofen verwendet, aber auch bloß bei unseren Offizieren in ihren Unterständen, wir haben doch keinenOfen.“Bei den Kohlebrennern in Flandern 1915, SchwarzwälderMusketiere des 8. Württembergischen-Infanterie Regiments126(aus dem Regimentsbuch der Generalmajore a. D. Glückund Wald)Um die wertvolle Holzkohle zu gewinnen, darf es nur zueinem Schwelbrand kommen. Wenn es im Meiler zueinem regelrechten Brand käme, wäre alle Mühe vergebens gewesen: statt Holzkohle wäre Holzasche entstanden. Deshalb muss der Schwelbrand, bis der Meiler garist, immer wieder kontrolliert werden. Durch die Luftlöcher darf nur weißer Rauch aus dem Meiler entweichen.23