im Frühsommer 1984 in Hirsau, ich meine im evan­gelischen Gemeindehaus, einen viel beachteten Vortrag zum ThemaHirsauer Spuren in Thüringen, der 1987 in Band 5 des Jahrbuches des Landkreises Calw veröffentlicht wurde und dort nachzulesen ist. Dieser Vortrag und die damit mögliche Begegnung mit Frau Heller bildete auch den Kern der Vorbereitung auf die Reise einer kleinen Gruppe der katholischen Kirchen­gemeinde(Bad Liebenzell-)Hirsau, die sich im August 1984 auf den Weg nach Thüringen machte fünf Jahre vor der späteren Wende, auf die damals nichts, aber auch gar nichts hindeutete. Zu diesem Quartett gehörte neben dem Hauptspurensucher Karl Müller Frau Johanna Haas, die in der Katechese der Gemeinde tätig war, und dem Ihnen allen bestens bekannten Dr. Hermann Wul­zinger auch ich. Die Tatsache, dass die Nachnamen der Hälfte unserer Westreise-Gruppe mit Tieren in Verbin­dung zu bringen war, hat übrigens mit dazu beigetragen, dass das Eis zwischen den sich völlig unbekannten Menschen sehr schnell brach. Und noch heute, wie jüngst bei einem Wiedersehen, weist das Ehepaar Wolfram, inzwischen längst im Ruhestand lebend, auf den witzigen Umstand hin, dass nicht nur ein Pfarrer und ein heimat­forschender Neurologe den Weg aus Hirsau ins damals doppelt ferne Thüringen gefunden hatten, sondern auch ein Langohr und ein Reptil… Bis zum Fall der Mauer, der dann einen ungehinderten Austausch und freie Begegnungen zwischen dem auf dem Gebiet des Hirsauer Mutterklosters im Westen und den in und mit seiner Enkelgründung weiter nordöstlich lebenden Menschen ermöglichte, sollten noch etliche Jahre vergehen, in denen viel Post hin- und herging, die aus West-Richtung nicht nur historisches Hirsau-Mate­rial, sondern auch aktuelle Druckerzeugnisse anderer Prägung und zahlreiche Medikamente enthielt. Und so erinnere ich mich noch gut an die Zeilen auf einer der Karten Pfarrer Wolframs an mich, die den Respekt aus­drückenden Satz enthielten:Der Inhalt Ihrer letzten Sendung war ein Husarenstück. Auf welche Art von Lite­ratur sich dieser Dank genau bezog, kann ich nicht mehr sagen, aber ich gebe zu, dass wir damals z. T. auch recht unbefangen und frech zu Werke gingen und nicht nur kirchengeschichtliche Werke nach Bürgel schickten... Charlotte Lüdecke, Christine Freigang und Hans-Jochen Drafehn, ein Apotheker und emsiger Heimatforscher, genannt werden, die sich bald auf den Weg nach Hirsau machten und die Beziehung zwischen den beiden Orten und uns förderten und mit Leben erfüllten. Der leider wenige Monate vor dem 9. November 1989 viel zu früh verstorbene Hans-Jochen Drafehn war es dann auch, der meiner Frau und mir im Frühjahr 1986 schrieb, dass die Kirchgemeinde mit der Familie Tonndorf in Thalbürgel nette junge Leute als Mesner eingestellt hätte, die sich sehr über unsere Kontaktaufnahme und einen Besuch freuten. Dies geschah dann noch im selben Jahr, womit sich der einleitend gezogene Kreis schließt bzw. eigent­lich so richtig begann. Noch manche Begegnungen und Ereignisse vor dem Fall der Mauer verdienten es, hier nachgezeichnet zu werden, doch aus Platzgründen muss dies leider unterbleiben. Erlauben Sie mir jedoch, wenigstens kurz auf eine ganz besondere und im Übrigen recht paradoxe Begegnung einzugehen, die sich im August 1989, also nicht einmal drei Monate vor dem damals noch nicht zu erwartenden Fall der Mauer, in Bürgel abspielte. Hauptakteur war neben den Gastgebern in Bürgel der Motettenchor aus Pforzheim unter seinem Leiter, Kirchenmusikdirektor Rolf Schweizer, der zu zwei Konzerten innerhalb der Kloster­konzerte Thalbürgel eingeladen war, zu dessen Zustan­dekommen wesentlich Dr. Hermann Wulzinger beigetra­gen hatte. Da der Chor aber zu weiteren Konzerten nach Polen weiterreiste, entwickelte sich das Thalbürgeler Konzert und die Reise der Pforzheimer dorthin zu einem Stück skurrilen Theaters und zu einem paradoxen Büro­kratiemonster, das für das Wesen der DDR typisch war und das in Ausführlichkeit zu schildern den Rahmen dieses Beitrags sprengen und seine eigentlich frohe Grundstimmung sehr eintrüben würde. Es sei hier nur soviel erzählt, dass die Reisegruppe aus dem Westen nicht mit ihrem eigenen Bus in die DDR einreisen und diese schon gar nicht auf dem Transit zur Weiterreise nach Polen durchqueren durfte. Vielmehr musste der Pforzheimer Bus an der Grenze bei Bebra stehen bleiben, wo die Besucher Thalbürgels die Bahn nach Weimar besteigen mussten. Dort wurden sie von ihren Bürgeler Sehr präsent sind mir auch noch die vielen persönlichen Kontakte, die diesem ersten im August 1984 in Thalbürgel und Bürgel folgten, zunächst nur als unsere Reisen auf die andere Seite des damals noch ziemlich eisernen Vorhangs, zunehmend aber auch von Mitgliedern der Kirchengemeinde Bürgel, die aufgrund ihres Alters die tatsächlicheMauerreife besaßen oder wegen eines gesundheitlichen Leidens oder eines Geburts- oder Ehejubiläums enger, im Westen lebender Verwandten vorzeitig in den Genuss einer beschränkten und/oder einmaligen Erlaubnis zu einer Reise ins faschistische und kapitalistische Ausland gekommen waren. In diesem Zusammenhang müssen neben dem erwähn­Thalbürgel- Reste der Vierung und der Absiden ten Pfarrer Wolfram auch dessen Gemeindeglieder Foto: Peter Schlang 33