Wie lange schreiben Sie an einem Buch? Theo Kiefner, Calw-Altburg Die Frage "Wie lange schreiben Sie an einem Buch?" wird mir immer wieder gestellt. Sie ist schwer zu beantworten. Seit über 45 Jahren bin ich dabei, in ganz Europa Informationen über die Waldenser zu sammeln. Dann gilt es, das Getundene auszuwerten. Das sei am Beispiel von Neuhengstett gezeigt. wurde mir ausgeliehen. Es war eine der Grundlagen für meine Dissertation in Kirchengeschichte (Tübin­gen 1971). Von den 12 Kopien, die der Bürgermeister von Pragelato machen ließ, bekam ich eine geschenkt. Der Bürgermeister von Usseaux hat mir den ganzen Band mit der Schreibmaschine abgeschrieben und mir schön gebunden mit Goldprägung geschenkt. Die Waldenser lebten zum Teil in Frankeich. zum Teil in Savoyen. Das Val Cluson wurde 1349 französisch. In der Refor­mationszeit wurde es vollkommen evangelisch, was einmalig in Frankreich war. Den französischen Wal­densern jenseits der Berge, also östlich vom Mont­genövre, verbot Ludwig XIV. am 7. Mai 1685 den evangelischen Glauben. Dragoner, die gefürchteten gestiefelten Missionare, erzwangen mit ihren un­menschlichen Methoden eine Massenbekehrung im Val Cluson. Die Waldenser blieben als Neubekehrte zumeist im Tal wohnen. 1693 lud der Herzog von Savoyen diese Neubekehrten in sein Land ein mit der Erlaubnis, zum alten Glauben zurückzukehren. Aber auf Druck Frankreichs wies er am 1. Juli 1698 alle in Frankreich geborenen Evangelischen aus. Uber Genf zogen sie in die Schweiz, von wo aus im Frühjahr 1699 die Reise weiterging nach Deutschland. Die ursprüngliche Heimat der Neuhengstetter Walden­ser war Bourcet im Val Cluson. Der Ort liegt hoch im Gebirge. Seine zehn Teilorte waren über 400 Meter Höhenunterschied zerstreut. Don Caffaro, der letzte katholische Pfarrer von Bourcet, hatte noch 52 Schul­kinder in zwei Schulen. In den l9l0-er Jahren lebte nur noch ein Mann das ganze Jahr über in Bourcet. Seit dem eine Fahrstraße gebaut wurde, ist der Ort Wochenend- und Ferienquartier. Bourcet gehörte zum Kirchspiel Villaret. 1655 wurde die große Kirchengemeinde geteilt. Bourcet kam zu La Balme. Zu konsultieren waren also die evangeli­schen und katholischen Kirchenregister in Villaret und Roure. Pfarrer Franco Trombotto zeigte mir ein Heft, das er auf dem Speicher seines Pfarrhauses gefunden hatte. Ob ich wüsste, was es enthalte? Es handelte sich um die Abschwörungsliste der evange­lischen Waldenser von Villaret ab 1685. Die Unterlagen über dieZeit in der alten Heimat und in Savoyen fanden sich in Paris, Grenoble, Gap und Embrun auf der französischen Seite, in Torre, Turin und Pinerolo auf italienischer Seite. Besonders hilf­reich war das Archiv, das unter der Kirche von Men­toulles zum Vorschein kam. Für die Zeitvon 1693 bis 1698 galt es, imWaldenser­archiv Centro Culturale in Torre Pellice, im katholi­schen Bischofsarchiv von Pinerolo, und hier auch im Stadtarchiv, zr,r suchen. Zwei Archive und die König­liche Bibliothek in Turin kamen dazu. Es gibt mancherlei Literatur. Besonders erwähnen möchte ich die meiner Freunde Pazö und Nevache. In Usseaux wurde mir von einer großen Handschrift über das Tal berichtet, die aber verschollen sei. Man schickte mich auf die Suche nach ihr nach Fraisse, Balboutd, Fenestrelle und Sestriöre. Dort fand ich beim Hausmeister Lantelme in einem Luxushotel die große Handschrift: Joseph Cot ­Recherches histori­ques, critiques et religieuses sur Val Cluson. Der Band Als Savoyen 1693 im Pfälzer Erbfolgekrieg das Val Cluson für kurze Zeit eroberte, lud der savoyische Her­zog die Waldenser dort zu sich ein mit der Erlaubnis, zum alten Glauben zurückzukehren. Das nahmen in Bourcet 55 der 62 Familien an. Etwa 200 bis 250 Per­sonen siedelten um. Das hieß, in den savoyischen Wal­densergemeinden von Tone Pellice, St. Jean, Roras, Vil­lar Pellice und Angrogna nach ihren Spuren zu suchen. Den Winter 1698/99 verbrachten die Waldenser in der Schweiz. Sie waren auf die evangelischen Kantone aufgeteilt. Also kamen die Archive in Basel, Bern, Zl.jrtch, Schaffhausen, Chur, St. Gallen, Neuchätel, Genf und Lausanne in Frage. Das Ergebnis war eine riesige Kartei von Familien und Einzelpersonen. Die Waldenser aus dem Val Perouse sollten in Würt­temberg und die Waldenser aus dem Val Pragela in Hessen-Darmstadt unterkommen. Die Waldenser aus Bourcet wies man nach Arheilgen bei Darmstadt. FürArheilgen waren das Darmstädter