Haus zu Haus, um zur Hochzeitsfeier einzu­laden, ebenso auch in der Nachbargemeinde. Die Hochzeit findet immer in dem Oft statt, in welchem das junge Paar sich häuslich niederlässt. Am Hochzeitstag wird von der ledigen männlichen Jugend vor dem Hause der Braut oder des Bräutigams oder auch in un­mittelbarer Nähe des Dörfleins geschossen. Dies geschieht winters schon um 6 Uhr kurz nach dem Läuten der Frühglocke. Der Hochzeitstag ist entweder der Dienstag oder der Donnerstag. Die Braut ist gewöhnlich aus einem nahe­liegendem Dorfe. Am Tag der Hochzeit wird dieselbe mit ihren Jugendfreunden mit einem zu diesem Zwecke zugerichteten Leiterwagen abgeholt. Diesem schließt sich ein zweiter Wagen mit weiteren Freunden und Bekannten an. Wer unterwegs vor einem solchen Wagen eine Stange hält, vor dem muss der Wagen anhalten bis eine gütige Hand von demselben herab dem kühnen Anhalter ein Geldstück verabreicht hat. Ein solcher kann ein zehn­jähriger Knabe sein. Geldgierige Schulknaben benützen oft diese Gelegenheit. Noch bis vor 70 Jahren habe man die Braut zu Pferde abgeholt. Wer im Dorfe der Besitzer eines Pferdes war, sei mit dem Bräutigam fortgeritten, um dem Brautzug ein Ansehen zugeben. Die Braut und der Bräutigam hätten sich auf ein und dasselbe Pferd gesetzt. Noch vor 50 Jahren geschah vor dem Kirchgang etwas außer­gewöhnliches, die Brautführer kamen mit den Mädchen in einer Scheune zusammen und kegelten um ein Hutband, jedes Geschlecht besonders. Diese Bänder haben die Brautleute ge­stiftet. Heutzutage beschenken dieselben die gar.ze anwesende ledige Jugend mit Kränzen und Sträußen, so dass fast die ganzeDorfjugend wohlgeschmückt in der Kirche bei derTrauung sich befindet. Für diesen Schmuck haben die Brautleute schon bis zu 40 Mark ausgegeben. An Hoch­zeiten im Wirtshause beteiligen sich nur die Brautleute, die Brautführer mit den Mädchen und einigen Altersgenossen aus der Verwandt­schaft, vorausgesetzt, dass die Eltern der Braut oder des Bräutigams im Orte der Trauung noch am Leben sind. Bei denselben speisen dann die älteren, verheirateten Personen aus der Ver­wandtschaft. Später beteiligen sich diese auch an der Feier im Wirtshause. Ein solcher Hochzeitstag ist für das ganze Dörflein ein Festtag und Freudentag! Eigent­liche Tanzmusik gibt es nicht. Es kommt vor, dass noch in späterAbendstunde ein Musikheld dieZiehharmonika spielt, dann kommt es noch zu einigen Tänz-chen. Sonntags darauf ist noch eine kleine Nachhochzeitsfeier. Die Gedanken wenden sich von dieser Freudenfeier zt dem Kranken­und Totenbett. Bei Krankheiten wird frühzeitig der Arzt beraten. Damit aber die Ausgaben für einen solchen nicht zu groß werden, holt man den Schäfer in M.. Hausmittel aus selbstgesam­melten Pflanzen gibt es keine. Nur eine ältere Frau sammelt für sich allerlei Kräuterlein. Viel Gefühlfür ein Krankes ist nicht vorhanden. Je schwerer die Krankheit und je mehr Ruhe der Patient bedarf, desto mehr Schwatz­weiber stellen sich ein und dazu oft erst ziemlich spät am Abend, so daß der Kranke nachher todmüde ist und sich bei ihm vor Erregung kein Schlummer einstellen kann. Tritt ein Todesfall ein, so stellt sich zum Nachtwachen in der ersten Nacht die ledige Jugend ein, sowohl die männliche als auch die weibliche. Daß dann keine passenden Ge­spräche geführt werden und es zu lebhaft dabei ntgeht,lässt sich denken. In der zweiten Nacht wacht die verheiratete Mannschaft, wenigstens wer Lust dazu hat, sich herzugeben. Was die Leichenansagen betrifft, so begeben sich zwei unbemittelte Frauen in die benachbarten Dörfer, um zur Teilnahme bei der Beerdigung zu bitten und um dafür eine kleine Gabe in Empfang zu nehmen. Es ist daher eine große Bettelei mit einer solchen Bekanntmachung und Einladung verbunden. Es folgen noch in Kürze einige Bräuche. Nach der Ernte bei der Sichelhenke bekommen die Dienstboten ein Geschenk von 3 Mark. Die weiblichen Dienstboten wechseln stets an Martini und die männlichen an Weihnachten. Am Pfingstmontag läuft ein Knabe von Haus zu Haus, ein mit farbigen Bändern ge­schmücktes Tannenbäumlein tragend. Man nennt ihn den ,,Pfingsthannes". Er erwartet als Gabe ein Ei. Am Nikolaustag hängen Knaben ein Läutegschirr um den Hals und lassen sich von anderen durchs Dorf treiben. 34