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gen, derben Schwarzwälder mit ihren unheimlich langen und weiten Rohrstiefeln aus wasserdichtem Leder. Auf dem ersten Eestör nimmt ein erfahrener Flößer seinen Standort mit einer langen Stange, mit der er dem Floß den Weg weist. Aber auch auf den nächst folgenden Gestören haben die Flößer vollauf zu tun, um das Floß in der rechten Richtung zu erhalten. Schlimm find für die Floßfahrt scharfe Biegungen der Wasserstraße, besonders in den kleinen Gebirgsbächen; leicht wird an solchen Stellen das Floß von der Wasserbahn abgetrieben und bleibt stecken.
So wurden früher auf der Nagold und auf dem Zinsbach jährlich 170—180 Flöße befördert. Von diesen Flößen wurden einzelne schon in Calw oder Pforzheim aufgekauft; andere fuhren nach Mannheim oder weiter in die Rheinlands oder nach Holland. Besonders die „Holländer", d. h. die für den Schiffsbau nötigen Stämme, machten diese weite Reise.
Indes ist die Neuzeit dieser alten Einrichtung gefährlich geworden. Der Holzpreis stieg enorm; hatte 1691 ein „Holländer" dreißig Kreuzer gekostet, so kostete nun ein solcher Stamm Hunderte von Mark; da waren auch die Verluste, die das Holz auf dem Wasserweg erlitt, nicht mehr zu ertragen. Außerdem klagten die Wasserwerkbefitzer seit vielen Jahren über die Schädigungen durch die Flößerei. Und die Industrie drang ja in den letzten Jahrzehnten vor auch in die abgelegenen Schwarzwaldtäler. Endlich bot die neue Zeit mit ihren neuen Verkehrsverhältnissen die Möglichkeit, für den Holztransport aus holzreichen Gegenden in holzarme Gelände Sorge zu tragen. Nachdem die Flößerei seit etwa 40 Jahren merklich zurückgegangen war, wurde sie kurz vor dem Weltkrieg völlig aufgehoben. Und so ist auch diese nicht bloß idyllische sondern auch wertvolle, ja einst notwendige Einrichtung der Neuzeit zum Opfer gefallen.
In der Heidelbeerernte
Unsere Wälder sind uns so überaus wertvoll nicht bloß wegen ihres fast unerschöpflichen Holzreichtums, sondern sie bieten uns noch viele andere Werte, und wir denken diesmal nicht an die idealen Werte, sondern an die Schwarzwaldbeeren. Schon zur Zeit der Heuernte erblicken wir an sonnigen Halden und Rainen die Erdbeere mit ihrem leuchtenden Rot: wie erquickt sie uns mit ihren saftigen, süßduftenden Früchten! Auch die Preiselbeere, die im Spätsommer reift und ein geschätztes, wohlschmeckendes Zugemüse gibt, und die Himbeere (— Beere der Hint, d. h. Hirschkuh) gleich wertvoll für die Küche wie für die Apotheke, und die Brombeere (bramber — Beere des Dornstrauchs), sie sind uns alle so wertvoll, daß wir keine missen möchten. Und doch werden sie alle weit übertroffen von der Heidelbeere, die in ungeheurer Menge in unseren Tannenwäldern wächst. Man hat diese Beere von jeher wertgeschätzt; sie hat aber seit zehn oder etwas mehr Jahren eine früher nie gekannte Wertschätzung gefunden, so sehr, daß sie zu einem