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Wir begeben uns in eine Sägmühle der früheren Art, die in unserem Bezirk auch jetzt noch am zahlreichsten vertreten ist, und wählen hiezu ein tiefeingeschnittenes, enges Tal, wie es sich bei uns so zahlreich findet. Da liegt die Sägmühle, vielleicht wie in einem geheimnisvollen Winkel tief versteckt, „im schönsten Wiesengrunde". Meist führt der Weg dahin eine steile Steige hinab; vielleicht ist in neuerer Zeit eine bequeme Zufahrtsstraße dahin gebaut worden; aber wenn wir an die früheren Wege denken, so fragen wir Heutigen gern: Wie konnte man da auf diesem unwegsamen Wege solche großen, schweren Stämme, 20—25 Meter lang, hinbringen? Schon von ferne hören wir lautes, taktmäßiges Surren und Brummen und das Rauschen des Wassers. Da steht ein bescheidenes Haus, umgeben von Wasserkanälen; hochaufgelagerte Bretterschränke, lange, schwere Baumriesen, der Aeste und Rinde beraubt liegen aus den freien Plätzen umher. Ganz besonders aber fällt uns ein großes, mächtiges Rad ins Auge; das Wasser ergießt sich in die Schaufeln des Rades und setzt es in drehende Bewegung. Mit dem Wasserrad stehen andere gewaltige Räder in Verbindung, auf die sich die Bewegung des Wasserrads überträgt. Von diesem Räderwerk wird die eigentliche Sägevorrichtung in Bewegung gesetzt. Da befindet sich besonders die große Säge mit scharfen Zähnen, eingespannt in ein festgefügtes Gatter. Das Räderwerk ist so eingerichtet, daß sich die Radbewegung in eine auf- und abgehende, senkrechte Bewegung überträgt. Gleichzeitig wird ein großes Gestell mit Rädern, der Sägwagen, in eine langsame Vorwärtsbewegung gebracht. Auf diesem Sägwagen ist der zu durchschneidende Sägklotz, der zuvor durch Zersägen mit der Hand- oder Bandsäge die angemessene Länge erhalten hat, befestigt. Der Wagen führt den Klotz der Säge zum Durchschneiden zu, und so „bahnt die Säge lange Wege in einen Tannenbaum". So wird Brett um Brett abgeschnitten und Stamm um Stamm durchsägt. Die gefertigten Bretter werden in „Schränken" aufgeschichtet, und so aufeinandergelegt, daß das Holz möglichst gut austrocknen kann. Nach einiger Zeit kommt der Bretterhändler und kauft ein gewisses Quantum. Im Bezirk Nagold sind es seit alter Zeit die Orte Spielberg und Egenhausen, wo sich Fuhrleute in großer Zahl befinden, die die Bretter in holzarme Gegenden, namentlich ins Gäu, oder nach Stuttgart, Tübingen und andere Orten verbringen. In neuerer Zeit werden die Bretter auch zur Bahn geführt, zumal da sich die Nachfrage nach Holz und Brettern in den letzten Jahrzehnten ungeheuer gesteigert hat.
Das ist ein Bild jener alten einfachen Schwarzwaldsägmühlen. Es liegt auf der Hand, daß die Sägwerke häufig auch große Verbesserungen und Erweiterungen erfahren haben. Man ging darauf aus, eine größere Menge von Brettern zu produzieren, da die bisherigen Sägwerke dem gesteigerten Bedürfnis nicht mehr entsprachen; ebenso war man darauf bedacht, den Verlust, den das Holz durch die Säge erleidet, möglichst zu verringern und eine feinere und reinere Schnittfläche bei den Brettern zu erzielen.