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Sitten und Bräuche im Zahreslauf
Alte, inhaltsvolle Sitten bestehen heute noch vielfach auf dem Land. So gleich der Neujahrswunsch. Wie vielsagend, gemütansprechend und wohltuend lautet der alte, uns allen wohlbekannte Segenswunsch gegenüber döm neuaufgekommenen! Am Neujahrsfest erhalten die Kinder häufig von ihren Paten kleine Geschenke: Bretzeln, Backwerk, Aepfel, Schulhefte u. a. An den langen Winterabenden pflegt man in den Häusern nachbarliche und verwandtschaftliche Geselligkeit,' Frauen besuchen einander mit Kunkel und Spinnrad, erzählen einander aus alter und neuer Zeit, singen miteinander religiöse Lieder und Volkslieder. Die Aufwartung besteht in Weißbrot, Schnitzbrot, Obst. Auch die Männer machen gern solche abendlichen Besuche bei einem Nachbar oder Altersgenossen. Für die Lebensweise gilt der Grundsatz: Früh zu Bett und früh heraus! Daher das Sprichwort: Lichtmeß, bei Tag eß! Lichtmeß ist neben Eeorgii, Martini und Jakobi ein Ziel zum Eintritt in den Dienst oder zum Austritt.
In manchen Orten besteht seit langer Zeit die schöne Sitte, daß die Lehrer mit ihren Schülern an einem schönen Maientag einen Gang hinaus auf die Felder machen; die Mädchen mit Kränzen, die Knaben mit Blumen geschmückt, religiöse, Heimat-, Naturlieder singend. So hat sich z. B. in Egenhausen die Sitte erhalten. In Nagold bestand lange Jahre die Sitte, daß die Kinder zu ihrem „Maiengang" von der Stadt mit bunten Bändern geschmückt wurden; aus diesem Maiengang hat sich später die Sitte des Kinderfestes entwickelt. In Ober- und Untertalheim findet kirchlicherseits der Maiengang durch und um die Markung statt, wobei sich die ganze Gemeinde beteiligt. Weitverbreitet ist die Sitte, daß man am Himmelfahrtsfest Himmel- fahrtsblümlein (Mausöhrlein) sammelt, ein Kränzchen daraus windet und in der Stube aufhängt in dem Glauben, daß dadurch das Einschlagen des Blitzes verhütet werde. Die „Heukatz" war früher, besonders bei wohlhabenden Bauern, allgemein üblich; da saßen auf dem letzten Heuwagen, der heimgeführt wurde, Knechte, Mägde und Taglöhner fröhlich scherzend und wurden dann mit einer reichlichen Mahlzeit erfreut. Bei der Sichelhenke wurde der letzte Earbenwagen bekränzt eingeführt; daran schloß sich eine festliche Mahlzeit für alle bei der Erntearbeit Beschäftigten. Die Drescharbeit ging früher, als man alles Getreide mit dem Flegel dreschen mußte, viele Wochen lang fort, oft bis in den Januar hinein. Schon morgens früh, noch ehe der Tag graute, nahm der regelmäßige Dreschtakt seinen Anfang und wurde den ganzen Tag fortgesetzt. Ein fröhliches Festesten, genannt Flegelhenke, bildete den Abschluß. Doch haben diese mit der Ernte zusammenhängenden Bräuche mit der Einführung landwirtschaftlicher Maschinen von selbst aufgehört; nur da und dort treffen wir noch Andeutungen.
Besondere Bräuche bestehen noch in Eültlingen und Pfrondorf anläßlich des Pfingstfestes, deren hier ausführlicher gedacht sein möge. ZnGültlingen gehen vor Pfingsten ledige junge Männer in