330
Unsere Volkstrachten in früherer Zeit
Je und je lesen nur von einem Trachtenfest, auch in unserem Bezirk. Bei einem solchen Trachtenfest treten Männer und Jünglinge, Frauen und Jungfrauen auf in einer Kleidung, wie sie früher in bestimmten Gegenden üblich war, und jedermann hat seine Freude dran. Es ist noch nicht lange her, da sah man in vielen unserer Gemeinden noch die gelbe oder schwarze Lederhose; vielleicht haben unsere Väter und Großväter sie noch getragen; ja es gab eine Zeit, wo man nicht bloß auf dem Lande sondern auch in der Stadt sich ähnlich gekleidet hat.
Bis vor nicht langer Zeit trug der Bauer bei uns Sonntags seinen langen blauen Rock mit weihen, Lbereinandergreifenden Metallknöpfen, eine Tuch- oder Manchesterweste, blau, rot oder schwarz mit kleinen weihen Knöpfen, gelbe oder schwarze, mit Verzierungen versehene Lederhosen bis zum Knie reichend, schwarze Strümpfe, blank geputzte Rohrstiefel oder Schuhe mit Schnallen, aus dem Kopf einen schwarzen Dreispitz oder einen runden Filzhut. In den westlichen Orten des Bezirks hatte man mehr die schwarzen, im Osten in den an das Gäu grenzenden Ortschaften mehr die gelben Lederhosen, ebenso in den östlichen Orten mehr die rote, in den westlichen mehr die schwarze oder überhaupt dunkle Weste. Der unverheiratete Bauer trug ein Wams und eine mit Pelz verbrämte Mütze mit goldenen Troddeln. Diese Tracht sieht man in der Regel bei den Trachtenfesten, und sie bildet in der Tat eine schmucke Kleidung. Die Handwerksleute hatten an ihren Röcken keine metallenen sondern übersponnene Knöpfe; sie haben auch die Kniehose viel früher mit der langen Hose vertauscht. Werktags trug der Bauer einen weißen Zwilchrock, die Handwerksleute leinene Wämser.
Die Frauenkleidung bestand Sonntags in halbwollenen, dunklen, enggefältelten Röcken, dunklen, meist mit Blümchen versehenen Kitteln, darunter ein rotes, blaues oder grünes Leibchen, dazu eine schwarze oder blaue Schürze. Werktags trägt man, meist auch jetzt noch, leinene, dunkle Röcke. Die Kopfbedeckung der Frauen am Sonntag bildet eine schwarze Haube mit schönen, breiten Bändern, die vorne und hinten herabfallen. In Ober- und Untertalheim trugen die Frauen bis vor wenigen Jahren noch die grohe Radhaube; derzeit ist dieselbe ersetzt durch eine kleinere Haube. Ebenso tragen die Frauen in den südlichen Ortschaften auch heute noch teilweise die früher allgemein üblichen Puffärmel, „Mutzen" genannt.
An der Tracht nahmen auch die Kinder, Knaben und Mädchen in entsprechender Weise teil. Die Knaben trugen eine Zipfelmütze oder — besonders am Sonntag — eine schildlose runde Mütze mit Verzierungen und Troddel, die Mädchen ein Häubchen oder ein um den Kopf gebundenes Kopftuch.
Bei besonderen Anlässen, so bei Taufen und Hochzeiten trugen die Nächstbeteiligten noch besonderen Schmuck. Die Patin trug bei der Taufe ein Kränzlein im Haar, die Gespielinnen bei der Hochzeit eine