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Schappel, eine aus goldenen und silbernen Zieraten zusammengesetzte, kronenartige Mütze.

Nun sind alle diese eigenartigen, teilweise so schönen Bekleidungs­stücke bis auf wenige Reste der Vergangenheit anheimgesunken, und diese werden sich vielleicht auch nicht mehr lange halten können. Wir können fast täglich beobachten, wie sich dieser Vorgang abspielt. Ein Mädchen, das in seiner Heimat die Tracht getragen hat und Vater und Mutter haben es gerne gesehen, übernimmt eine Stelle als Dienst­mädchen in der Stadt; es sieht sich in seiner Tracht alleinstehend und fühlt sich bald unter anderen vereinsamt; es läßt sich seine Kleider um­ändern und will auchmodisch" gekleidet sein; es kommt in seine Hei­mat zurück, aber seine frühere Tracht nimmt es nicht mehr an, und die anderen folgen ihrem Beispiel. Und so sind es viele Umstände, welche dazu beitragen, daß die Trachten im Verschwinden begriffen find, und diese Umstände sind tief begründet in der allgemeinen Zeit­richtung, die einen Zug zur Aufhebung der Unterschiede und der eigen­artigen Erscheinungen in sich trägt. So sieht man auch seit einiger Zeit in immer steigendem Matz hinsichtlich der Kleidung Stadt und Land einander möglichst angenähert. Man kann diese Erscheinung, die eine Entwicklung von Jahrhunderten abschlietzt, beklagen oder be­grüßen, es ist aber eben eine in den Zeitumständen begründete Tat­sache, die ihre Licht- und Schattenseiten hat. Wir dürfen auch nicht glauben, daß die Tracht, wie sie jetzt im Verschwinden begriffen ist, von jeher in unserem Bezirk heimisch gewesen sei; wenn wir die Kleidung des Bauern etwa im 15. oder 16. Jahrhundert ansehen, so war sie ganz anders als die Tracht der letzten Jahrzehnte. Auch die Tracht unseres Bezirks hat ihre Entwicklung durchgemacht; sie ist sehr abhängig von der wirtschaftlichen Lage der Zeit- und Ortsverhält­nisse. Man hat oft gesagt, eine Tracht sei eine Modekleidung, die auf einer bestimmten Stufe stehen geblieben sei. Mag dem so oder so sein, jedenfalls hat die Tracht etwas Bodenbeständiges an sich; sie schmiegt sich an die Orts- und Zeitverhältnisse an, trägt den bestehen­den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung und erweist sich als prak­tisch und solid und hat sich deshalb auch so lange Zeit erhalten können. Wenn man manchmal glaubt, die städtische Kleidung sei schöner als die Tracht, so darf man darauf Hinweisen, daß die Trachten die Wert­schätzung gerade deshalb finden, weil man erkennt, daß sie geschmack­voll und kleidsam sind. Es hat deshalb immer etwas für sich, wenn man der überkommenen Sitte treu bleibt, und sollte nie ohne triftigen Grund dieselbe ablegen.

Bild 2S2: Ofenplättchen. Schönbronn.