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die Umgeld genannte Steuer, früher Angeld; später wurde sie erhoben aus das Quantum der in den Wirtschaften ausgeschenkten Getränke. Seit dem 30jährigen Krieg wurde aus liegenden Gütern das Akzisgeld erhoben. Der Metzger, der Bäcker mutzte für das Feilbieten der Waren Vankzinse zahlen. Die genannten Abgaben wurden meist in Geld abgeliefert.
Tiefeingreifend war die Abgabe der Zehnten. Seine Berechtigung war tief im Volksbewutztsein begründet; man fand ihn schon im Alten Testament vorgeschrieben, wie er auch ursprünglich eine kirchliche Einrichtung war. Der Zehnten bestand darin, daß man den zehnten Teil von allem, was auf den Feldern wuchs, und vielleicht auch von anderem Besitztum abliefern mutzte. Man unterschied den gro- tzen und den kleinen Zehnten: elfterer bestand in der Ablieferung des zehnten Teils vom Ertrag an Dinkel, an Weizen, an Roggen und an Haber. In den 3 Aemtern unseres Bezirks gehörte er fast ausnahmslos dem Landesherrn als dem Schirmherrn der Kirche; in manchen Fällen gehörte er auch einem Kloster; z. B. in Nagold wurde der grotze Zehnten an das Kloster Stein a. Rh. abgeführt. Der kleine Zehnten bestand in Hackfrüchten; er gebührte in der Regel dem Ortsgeistlichen. Auherdem mußte man den zehnten Teil an Heu und Oehmd und an Obst abgeben. Es gab einen Neubruchzehnten aus Aeckern, die erst später als Ackerland benutzt wurden. Auch hatte man einen Blutzehnten, wobei der zehnte Teil der Hühner und des Viehs abgegeben werden mußte. Uebrigens war dieser letztere Zehnten bei uns nicht üblich, wohl aber die übrigen Arten von Zehnten. Der Einzug der Zehnten beim Getreide erfolgtein folgender Weise: Wenn die Garben auf dem Felde aufgestellt waren, erschien der Zehntknecht und stieß je die zehnte Garbe um, worauf diese Garben in die Zehntscheuer oder in den Fruchtkasten gesetzt wurden. Je länger je mehr wurde die Ablieferung des Zehnten lästig. Schlimm war namentlich, daß in den einzelnen Herrschaftsgebieten, wie z. B. in unseren drei Aemtern verschiedene Herren die Landeshoheit ausübten, und da wurde der Einzug sehr verschieden gehandhabt; die einen Herren zogen alle möglichen Zehnten ein, andere nur einen Teil; die einen behandelten den Einzug streng, andere mild. Nach langen Verhandlungen wurde in den Jahren 1849—52 die Erhebung des Zehnten überall abgeschafft durch Bezahlung von Ablösungssummen. Heute noch erinnert an ihn in manchen Gemeinden das Vorhandensein einer Zehntscheuer oder die Benennung der Markung mit dem Ausdruck „Zehnten". Eine merkwürdige Erscheinung früherer Zeit, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden mag, war die Leibeigenschaft. Wir dürfen uns nun aber dieses Verhältnis nicht so vorstellen, als wäre ein Leibeigener wie ein Sklave ganz der Willkür seines Leibherrn ausgeliefert gewesen: die Abhängigkeit zeigte sich nur darin, daß man eine jährliche Abgabe, beim Mann bestehend in Geld, bei der Frau in einer Henne, an den Leibherrn gab. Auch mutzte man im Fall der Verheiratung eines Leibeigenen dem Leibherrn ein Ge-