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Lehrling reden Meister und Meisterin mit Vetter und Vase an; be­sonders gut verstehen sie es mit den Kindern der Meistersfamilie. Geselle und Lehrling haben auch ihre Schlafstätte im Haus. Tritt jemand in die Stube, während die Familie am Tisch sitzt und speist, so lautet der Gruß: Gesegne es Gott. Der Hausvater erwidert: Gott sei Dank. Willst nicht auch mithalten? Der Fremde anwortet: Werd auch was kriegen.

Auf den Nachmittag steht noch eine besondere Freude in Aussicht. Der Kirchturm war schwer beschädigt; ein neuer Turmknopf und ein neues Turmkreuz müssen aufgesetzt werden. In den Turmknopf wer­den wertvolle Münzen (Eberhardsdore) gelegt. Ein großer Teil der Bevölkerung kommt bei der Liebfrauenkirche zusammen; die Beamten der Stadt beteiligen sich gleichfalls; auch der Spezial von Wildberg erscheint. Der Stadtpfarrer hält die Weiherede. Nach derselben be­steigt der Werkmeister den Turm, stellt sich auf dem höchsten Punkt auf und spricht namens der am Bau Beschäftigten mit lauter Stimme seine Glückwünsche für Turm, Kirche und Gemeinde aus. Hiesür er­hält er von der Stadt eine Extrabelohnung in Gestalt von einem Paar schöner seidener Strümpfe, wie sie bei der damaligen Bekleidung üb­lich waren. Nach Schluß der Feier wurden Beamte, Geistliche, Lehrer und Bauarbeiter in das Gasthaus zurSonne" eingeladen, wo siezu einiger Ergetzlichkeit" reichlich bewirtet wurden.

Aelteste Geschichte von Altensteig

Der Schwarzwald und das Nagoldtal gehören zu den spätesten Be­siedlungen unseres Landes. Das gilt besonders für die westliche Hälfte unseres Bezirks, für die Altensteig von jeher den Mittelpunkt bildete. Nur wenige Spuren weisen in dieser Gegend auf die vorrömische und römische Zeit zurück. In der fränkischen Zeit gehörte diese Waldgegend zum Nagoldgau, der sich bis zu den Quellgebieten von Nagold, Murg und Enz erstreckte. Erst allmählich lichtete sich das Dunkel und Dickicht des Waldes durch Rodung auf den Höhen und in den Tälern. Die Klöster, voran Hirsau mit seinem Tochterkloster Reichenbach, und Kir­chen haben diese Pionierarbeit wohl zuerst in Angriff genommen; auch die Herrschaften auf den Burgen haben Aecker, Höfe, Weiler und Dör­fer angelegt. Die südlich gelegenen Teile wie Bösingen und Beihingen konnten auch von den früher besiedelten Gegenden an der Kinzig, Glatt und Waldach besiedelt worden sein.

Der Name Altensteig erscheint zum erstenmal in den Urkunden um das Zahr 1100, wo ein Adalbertus de Aldunssteiga das Kloster Reichenbach mit Gütern beschenkt, und 1120, wo ein Heinrich von Al­tensteig die Klostergüter von Reichenbach antasten wollte. Wieder etwas später erscheint ein Marquard von Altensteig, der sich an einem Kreuzzug ins Heilige Land beteiligte, von dem er aber nicht wieder­kehrte. Diese ältesten Nachrichten setzen voraus, daß Altensteig schon einige Zeit vor dem Zahr 1100 bestanden haben muß und daß damals