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der Befestigung. War die Burg etwas ansehnlicher, so durfte die Halle für Versammlungen, für Feste, für Gäste, für Uebungen der Jugend nicht fehlen; aber auch der Bergfried, die Schutzwehr für den Berg, durfte nicht mangeln. Wir denken uns den Bergfried meist als Turm; im späteren Mittelalter erscheint er auch meist in dieser Ge­stalt; ursprünglich war er wie ein anderer Bau, nur möglichst fest und unangreifbar. Vornehme Burgen hatten ein besonderes Herrschafts­haus, ein besonderes Frauenhaus, eine Kapelle, ein Wächterhaus, ein Gebäude für die Gäste, ebenso für die Dienerschaft, Vorratshäuser, Stallungen u. a.

Das Leben der Edeldame ging auf wie in anderen Häusern in der Sorge für den Haushalt, für Dienstboten, für die Kinder. Zu Zeiten mochte das Leben der Edelfrau recht einsam sein, manchmal auch sehr sorgenvoll, besonders wenn der Gemahl lange im Feld war und Nach­richten ausblieben.

Auch der Graf und der Ritter hatten große Aufgaben. Bei kleine­rem Besitz besorgte der Ritter seine Güter selbst; der höhere Adel übte zugleich die Landesherrschaft und war verantwortlich für die Sicher­heit und das Wohl seiner Untertanen. Gerne pflegte man die Jagd, und damals gaben unsere Wälder noch reiche Ausbeute; Hirsche, Bären, Wölfe, Füchse gab es noch in großer Zahl. Aber die wichtigste Aufgabe war und blieb die kriegerische Ertüchtigung. Davon hing nicht bloß die Sicherheit und das Wohl der Burgbewohner, sondern auch das der Städte und Dörfer ab; der Ritter und der Graf führten die Kriege für ihre Untertanen, wofür diese Abgaben und Frondienste zu leisten hatten.

Die Ausbildung zu kriegerischer Tüchtigkeit erforderte frühzeitig und durchs ganze Leben hindurch fortgesetzte Uebung; denn dieser Waffendienst, der Kampf in voller Rüstung und mit den damaligen Waffen war überaus schwierig und gefahrvoll; wer sich nicht übte, war in Gefahr zu verliegen, d. h. schlaff und kampfunfähig zu werden. Des­halb bestanden auch hiefür besondere Veranstaltungen. Die Vorburg auf Hohennagold heißt heute noch im Volksmund Turniergarten. Sicher wurden dort solche Uebungen abgehalten; aber eigentliche Tur­niere waren dort unmöglich. Dazu brauchte man ein weitausgedehn­tes, ebenes, offenes Feld. Ein solches Feld boten die Wiesengelände des Nagold- und Waldachtals wie auch die Gelände auf den benach­barten Höhen. Die kleineren Uebungen sowie die Uebungen der Ju­gend konnten ganz wohl auf der Burg selbst vorgenommen werden.

Beim eigentlichen Turnier, das den Charakter eines öffentlichen Festes trug, erschien eine große Zahl von Ritterbürtigen, oft mehrere Hundert; dieselben zogen in feierlichem Gepränge mit ihrem Gefolge ein. Zuerst wurde die Wappenprüfung vorgenommen. Alle Teil­nehmer erschienen in ihrer vollen Rüstung, über die ein prächtiger Waffenrock angezogen wurde. Die Rüstung war sehr schwer und be­deckte den ganzen Körper; sie bestand aus einem Kettenpanzer mit Metallplatten auf der Brust, einen den ganzen Kopf bedeckenden Helm,