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Andere meinten, die Alemannen seien von den Franken mit Gewalt zum Christentum gezwungen worden, wie später die Sachsen von Karl dem Trotzen. Aber auch davon finden wir keine Spur. Mag sein, daß auch schon einzelne römische Soldaten oder Beamte in unseren Gegenden den christlichen Glauben mitgebracht haben; aber diese Saat wäre dann jedenfalls wieder verloren gegangen. Die eigentliche Einführung des Christentums geschah in folgender Weise: Die Franken waren unter ihrem König Chlodwig durch den Erzbischof Remigius von Reims zum christlichen Glauben bekehrt worden nach dem entscheidenden Sieg des Frankenkönigs über die Alemannen bei Zülpich in der Nähe von Köln, im Jahre 49k. Damit hatte das Evangelium freie Bahn für das Her­zogtum Franken, also den nördlichen Teil des heuti­gen Württembergs. Die Grenzlinie zwischen dem Herzogtum Franken und den Wohnsitzen der Ale­mannen zog sich gerade an »er Nordgrenze unseres jetzigen Oberamtbezirks hin, dem Lauf der Teinach entlang. Aber da die Franken bald auch die süd­licher wohnenden Aleman­nen unterwarfen, stand ihnen das Land an der oberen Nagold und Enz offen. Dabei haben sie nicht etwa Gewalt ange­wendet, sondern ihre Mis­stonsarbeit ging durchaus friedlich vor sich. Wo sie das Regiment hatten, führten sie eine geordnete Verwaltung ein; Gesetze

Bild 195:

Remigiuskirche von Nagold.

wurden eingeführt, Aemter eingerichtet, Sicherheitsposten ausgestellt. Da war es für die Franken eine selbstverständliche Pflicht, zunächst für ihre eigenen Stammesgenossen an einzelnen Plätzen Kirchen oder Kapellen zu errichten. Diese gottesdienstlichen Gebäude weihten sie, namentlich im Anfang, ihrem Nationalschutzheiligen, dem heiligen Martin (Bischof in Tours, f- 400), später auch dem Erzengel Michael oder dem heiligen Remigius. Diese Stätten der Anbetung wurden nun aber zugleich Missfionskirchen für die Alemannen, die doch der Wahrheitsmacht des Evangeliums nicht auf die Dauer widerstehen konnten. Die Zahl der Kirchen mehrte sich; aus den ursprünglichen Mutterkirchen gingen Tochterkirchen hervor. So wurde das ganze Land von einem Netz von Kirchen überzogen und das Alemannenvolk