208

Nagold als fränkische Eerichtsstätte

In der Gegend von Nagold hatten die fränkischen Könige weite Strecken, die sie als Königs- oder Krongut für sich in Anspruch nahmen, namentlich alles Land, das bis dahin herrenlos gewesen war. Dazu gehörten auch weitausgedehnte Waldgebiete. So hatten sie auch da, wo jetzt Nagold liegt, ein Gelände, das sie zu ihrem Eigenbesitz zählten. Daselbst errichteten sie einen Königshof. Sie wählten diesen Platz, weil dort schon ein römischer Eutshof bestanden hatte, und weil dieser Platz günstig lag für die Verwaltung des ganzen Nagoldgaus. Zu diesem Königshof gehörte ein umfassendes Gelände, auf dem Getreide und andere Feldfrüchte angebaut wurden. Die Erträgnisse bildeten teils die Besoldung der Beamten, teils mutzten sie an den königlichen Hof abgeliefert werden. Auf diesem Platz hatte die Verwaltung ihren Sitz; auch mochte der König selbst je und je dort seine Wohnung neh­men. Die Spuren dieses Hofs finden wir noch bei der Oberkirche. Da­her heiht heute noch jenes Gelände der Frankenbrühl (Brühl war die Bezeichnung für einen bewachsenen, feuchten Ort). Dort bei Oberkirch, nicht in der heutigen Stadt selbst, hat die Stadt Nagold ihren Anfang genommen; dort lag die Villa ( ländliche Siedlung) Nagaltuna. An dieser Stätte hielt der Graf von Nagold seine Volksversammlungen ab, an denen sich alle freien Männer beteiligen mutzten; da entschied man über Leben und Tod, über Vergehungen, über Recht und Ord­nung. In der ersten Zeit fanden die Versammlungen unter freiem Himmel, unter einer Eiche oder Linde statt; später wurden die Ver­sammlungen unter einem Dach abgehalten. Heute noch erinnert da und dort eine Dorflinde oder Dorfeiche an jene alte Zeit. Eine solche Versammlung nannte man Thing d. h. Gerichtsverhandlung, Gerichts­tag; aus diesem Wort ist später das Wort Ding entstanden. Benach­barte Dingstätten waren bei Neusten und bei Rottenburg.

Der erste Eaugraf in Nagold, den wir kennen, war Graf Ge­rold, ein trefflicher Mann aus vornehmem Geschlecht, Bruder der

Hildegard, der Gemahlin Karls des Großen. Dieser Mann gehörte zu den treuen Paladinen des großen Kaisers; er begleitete seinen Schwa­ger auf seinen Kriegszügen, fiel aber im tapferen Kampfe gegen die Awaren (799). Von diesem Graf Gerold ist noch eine wichtige Ur­kunde vorhanden, die für uns namentlich deshalb von Interesse ist,

weil hier der Name der Stadt Nagold erstmals vorkommt. Dieses Schriftstück ist datiert vom 3. Mai 786 und ist in Nagold oder wie es in der Urkunde heißt: in der Villa Nagaltuna abgefatzt worden im Bei­sein viele: hoher Persönlichkeiten, z. B. der Mutter Gerolds, Zmma, des Bischofs von Konstanz, des Abts von Sankt Gallen. Bei dieser er­lauchten Versammlung stiftete Graf Gerold, ein frommer, der Kirche sehr zugetaner Herr, eine große Zahl von Gütern, die ihm gehörten, an das Kloster Sankt Gallen zu dauerndem Besitztum. Diese Güter lagen alle am oberen Neckar oder in dessen Umgebung, also in den heu­tigen Oberämter Horb, Sulz, Oberndorf, Spaichingen u. a. Es waren