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Ein eigenartiges Beispiel der Namengebung ist folgendes. In einer Gemeinde heißt der Besitzer Müller, der Hausname ,,s' Neubaura". Dieser Name rührt daher, daß ein Vorfahre in einer Nachbargemeinde ein neues Haus baute und dort den Namen ,,s' Neubaura" erhielt. Als derselbe später in seinen Heimatort zurllckkehrte, wurde dieser Name auf sein ursprüngliches Haus hierher übertragen. Manchmal kommt es zur Bildung von zwei Bezeichnungen für ein Haus: ,,s' Postknechts" undRösles". Der erste Name geht auf den früheren Beruf des Besitzers, der zweite auf den Vornamen seiner Frau zurück, die nach dem Tod des Mannes mit ihren Kindern 30 Jahre das An­wesen umgetrieben hat. In einem alten Gebäude eines Schwarzwald­ortes wohnen 2 verschiedene Familien. Der an diesem Haus haftende Namen ,,s' Vaura" wird auf beide angewendet. Manche Hausnamen sterben aus. Den ältesten Leuten des Orts sind sie noch bekannt, den jüngeren nicht mehr.

Diese Bezeichnungen leisten öfter gute Dienste bei der Unterschei­dung von Familien mit demselben Eeschlechtsnamen. In einer Ge­meinde, in welcher der Name Eroßmann öfter vorkommt, hat der eine den Hausnamen ,,s' Vetterles", ein anderer wird ,,s' Weiße Schrei­ners" genannt, ein dritter ,,s' Walze Karls". Gelegentlich scheint diese Notwendigkeit der Unterscheidung Gleichnamiger zur Schöpfung eines Hausnamens zu führen. Zwei Brüder werden in einer be­stimmten Gemeinde dadurch unterschieden, daß dem einen, der früher Kutscher war, die Bezeichnung ,,s' Kutschers" beigelegt wird.

Daß diese Namen in erster Linie am Haus, dann aber auch an dem dazugehörigen Grundbesitz haften, zeigt schon die Art der Ausdrucks­weise. Alle treten im volkstümlichen alten Genitiv (Wessenfall) auf mit dem Vorgesetzten ,,s'": ,,s' Hansurche" (wohl von Hans Ulrich) wäre in heutiges Hochdeutsch umzusetzen in:Das Haus (und der Grundbesitz) des Hans Ulrich".

Eine Umfrage bei den Gemeinden unseres Gebiets hat ergeben, daß die Hausnamen hauptsächlich im Schwarzwald und im Heckengäu­rand, selten im Heckengäu und Gäu Vorkommen. Ihr Verbreitungs­gebiet stimmt also im Ganzen mit dem Bereich der geschlossenen Ver­erbung überein, wo öfter in einer größeren Zahl von Geschlechtern der Grundbesitz und zwar auch der kleine samt Haus geschlossen in der Fa­milie vererbt wird (so auch im Hohenloheschen). Daraus wird ver­ständlich, wie ein solcher Familiennamen manchmal jahrhundertelang mit dem Haus verbunden bleibt. Man findet daher auch die Haus­namen besonders zahlreich in Orten, wo sich Bauern mit größerem Grundbesitz finden. So weisen die reinen Waldhufendörfer wie etwa Hornberg besonders viele solcher Namen auf. Sie treten aber auch in Verbindung mit Handwerker- und Taglöhnerhäusern auf, nur im allgemeinen nicht so zahlreich. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß in den Städten unseres Gebiets die Hausnamen fehlen. Nur in Neu­bulach, das inmitten seiner Felder liegt, kommen einige vor. Die ge­werbliche Betätigung, die in ihnen hauptsächlich zu Haus ist, führt

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