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3. Die Kolonisation der Waldgebiete durch die

Calwer Grafen

Um die Jahrtausendwende wurde im Deutschen Reich mit der plan- mässigen Erschliessung bislang noch unbesiedelter Gebiete be­gonnen. Diese Phase hochmittelalterlicher Innenkolonisation

wird von Huttenlocher als "grundherrschaftliche Rodungsperiode

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bezeichnet. Getragen wurde sie von aufstrebenden Territorial herren, die erkannt hatten, dass ein Machtausbau im Rodungs­gebiet erheblich schneller und einfacher vonstatten gehen konnte als im besitzmässig zerstückelten, herrschaftlich ge­festigten Altsiedelland.

Rodetätigkeit war schon früher zur Erweiterung des Siedlungs landes erforderlich gewesen,und schon seit der alemannischen Landnahme erfolgte durch Rodung in den Weidewäldern der Dorf­gemarkungen ein Ausbau der Acker- und Weideflächen. Jedoch wurden diese Siedlungsunternehmen bis in die Merowingerzeit von den Bauern allein durchgeführt. Als die Wälder später in königlichen Besitz übergingen und von diesem, an weltliche und geistige Fürsten verliehen wurden, war es nicht mehr in das Belieben des einzelnen Siedlers gestellt, wo und wie er roden wollte. Die Flächen wurden nun schon im Wald genau vermessen und abgesteckt und den einzelnen Siedlern zugewiesen. Der Land bedarf der Bevölkerung war in dieser Zeit gross genug, um auch für die weniger günstigen Teile der Waldgebiete Ansiedler zu gewinnen, nachdem die günstigeren Regionen vergeben waren. Diese Rodungsepoche fand ihren Ausdruck in vielen neuentste­henden Orts- und Flurnamen, so in den Namen mit der Endung -hardt, -wald, -loh, -lau, -loch, -buch und -tann sowie in solchen, die den Vorgang der Rodung festhalten wie -hau, -reut -schwann und -brand.

Die Enz -Nagold-Platte war bis zum Jahr 1000 noch geschlos­senes Waldland. Die Völker, die seit der Völkerwanderung nach Südwestdeutschland vorgedrungen waren, beschränkten sich auf die offenen Steppenheidegebiete und mieden die Waldgebiete.

Die einzigen Zeugen, die eine frühgeschichtliche Besiedlung der Enz -Nagold -Platte vermuten lassen, sind der Ringwall auf dem Rudelsberg bei Calw, der vermutlich aus der Hallstatt-

1) Huttenlocher, F.: Die kulturgeographische Bedeutung der

Waldgebirge in Südwestdeutschland, S. 7