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3. Die Bahn von Calw bis Nagold.

Gleich nach der Brücke folgt der Rndersberger Tunnel, in

welchem die Bahn ein wenig steigt. Von der alten Burg

Rudersberg, unter welcher wir durchfahren, ist nur noch ein Graben übrig. Der Tunnel führt durch den bunten Sand­stein und ist 1665' (477 m.) lang, der längste im Nagold­thal. So bald wir das Tageslicht wieder erblicken, führt un­mittelbar vom Tunnel aus eine 474' (135,8 m.) lange Brücke mit zwei Zwischenpfeilern und drei Oeffnungen von je 150' lichter Weite über die Straße und über die Nagold. Die Pfeiler liegen parallel mit der Stromrichtung, unter einem Winkel von 45° zur Bahnachse. Die Höhe über der Nagold

beträgt 35' (10 m.). Den Oberbau bilden eiserne Gitter­

balken. Die Brücke ist wie die andern eisernen Brücken der Schwarzwaldbahn aus der Eßlinger Maschinenfabrik. Von der Brücke aus sehen wir links die zweite größere Baumwollen- fpinnerei von Stälin und Sohn avk Stammheimer Markung stehend. Dieselbe bietet Nachts bei Beleuchtung, auf dem Hinter­grund der dunklen Tannenwälder, einen prächtigen Anblick. Rechts erblicken wir in unscheinbarer Gestalt ein Kirchlein, das durch sein hohes Alter berühmt ist, die Kentheimer Kirche, ursprünglich dem heil. Candidus geweiht, daher der Name des Dörfleins Kentheim. Die Kirche stammt aus der ersten roma­nischen Zeit, was man von der Bahn aus an den fünf kleinen, rundbogigen Fenstern der Südseite bemerken kann. Auch von den spätem gothischen Veränderungen kann man etwas sehen, nämlich die spitzbogige Thüre und das Kreuz auf dem Giebel des Langhauses. Für Alterthumsfreunde, welche die Kirche auch im Innern sehen wollen, fügen wir noch weiter bei: Zm Innern des Langhauses sind an der nördlichen Wand Reste frühester Malerkuust, welche schon übertüncht waren und nun wieder aufgedcckt sind. Im Langhaus stehen ferner ein runder, hohler Taufstein, durch seine Größe sprichwörtlich geworden, zu beiden Seiten zwei Altäre. Auf dem Boden einige Grab­steine, darunter ein Leutpriester Klenk von Zavelstein 1501. Ein spitzbogiger Triumphbogen führt vom Langhaus in den Chor. Im Chor mit Tonnengewölbe sind ebenfalls Fresko­bilder im romanischen Geschmack noch deutlicher sichtbar; und zwar über dem Chorbogen die Verkündigung Mariä mit Spruch­bändern, am Gewölbe Christus auf doppeltem Regenbogen, in