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II. Ostern.
Eierlesen in Stammheim.
In der Osterwoche wurde auf dem Calwer Wald von mancher Frau mcht gewaschen; sie fürchteten, ihr Mann könnte sonst sterben. Früher glaubte man, die Eier, die am Karfreitag gelegt werden, seien die besten zum AuS- brüten, und wenn die Hühner am Karfreitagmorgen aus einem Reif gefüttert werden, hole sie der Habicht nicht; werde am Karfreitag um 12 Uhr gemistet, so sei dies gut gegen Läuse; gehe man in der Karfreitagnacht auf eine Kreuz- straße, so könne man von körperlichen Gebrechen befreit werden. Man ging wohl auch mit einem neuen, vom Dreher gefertigten Büchslein, in das man Wanzen, Lause und einen halben Kreuzer tat, auf die Kreuzstraße und warf es dort weg; wer das Büchelein aufhebe, bekomme die Wanzen oder die Läuse ins Haus. In Oberkollbach brachten die „Burschen" ihren Mädchen eine Gründonnerstagsbrezel und erhielten dafür ein Osterei.
In Stammheim herrschte bis vor dem Kriege ein eigenartiger Brauch, das Eierlesen. Am Ostermontag all ander Jahr sammelten sich die in Urlaub befindlichen Soldaten und solche, die im Herbst einrücken mußten. Immer zu Zweien, ein Soldat und ein angehender Rekrut, liefen sie in die Häuser und sammelten Eier; mit den Worten: „Mer wöllet Euch da Osterhas brenga", begrüßten sie die Leute. Ein oder zwei Eier wurden ihnen gewöhnlich übergeben, so hie und da mußten sie auch ohne Gabe, vielleicht von ein paar Schimpfworten begleitet, abziehen. In einer vorher bestimmten Wirtschaft wurden die Eier einstweilen aufgehoben. Mittage sammelte sich ein Festzug, voraus die Musik, begleitet von Urlaubern, jungen Burschen, ledigen Mädchen und einer Kinderschar. Nun ginge der Festwiese zu. Auf einer Wiese wurden etwa 60 bis 80 Eier schrittweise in gerader Linie voneinander gelegt. Von den jungen Leuten wurden 1 Spieler gewählt; einer mußte die Eier immer einzeln in den beim ersten Ei aufgestellten Korb legen, d. h. sammeln, die zwei andern mußten nach verschiedenen Richtungen ein vorher gestecktes Fähnlein im Wettlauf holen. Der die ausgelegten Eier sammelnde Rekrut hatte natürlich viele Zuschauer und oft ging auch in der Hast ein Ei in Brüche. War er zuerst fertig, d. h. che die Fähnlein gebracht wurden, so empfing er die Burschen mit Eiern, welche er ihnen entgegenwarf. Nun sammelte sich der Festzug wieder und marschierte mit Musik zum Wirtshaus. Eierkuchen wurden gebacken und ordentlich gezecht. Die Zurückgestellten oder vom Militärdienst befreiten mußten die Zeche bezahlen. 1912 hat das Eierlefen zum letztenmal stattgefunden, wird aber wohl wieder eingeführt. Auch in anderen Orten war das Eierlesen üblich, der Brauch ist aber dort schon vor Jahrzehnten abgegangen.
III. Maitag, Himmelfahrt, Pfingsten.
In der Nacht zum I. Mai stecken die jungen Burschen ihren Mädchen „den Maien", eine Birke oder eine Tanne. „Je höher der Baum, desto größer die Ehre." Den Mädchen, di« man verachtet, steckt man ein Reis- oder Dornbüsche! an einer (rottannenen) Fichten-Stange auf.