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Lederhosen. In Deckenpfronn hielt sich die Tracht am längsten, ist aber jetzt auch fast ganz verschwunden.
Im 18. Jahrhundert wurden öfters Verordnungen von Regierung und Geistlichkeit gegen übermäßige Kleiderpracht erlaffen. In Deckenpfronn wurde zur Zeit des Herzogs Eberhard Ludwig bei Strafe von 5 Schilling verboten, „daß die jungen Bursch künftig keine gefärbten Bändel mehr haben sollten." Flore und weiße Schürzen sollten abgeschafft werden, niemand solle ohne Rockkragen oder Überschlag in die Kirche gehen.
61 . Festbräuche.
I. Neujahr.
Die Beamten des Herzogtums Württemberg bekamen außer ihrem Gehalt von den „Communen" (Gemeinden) eine besondere „NeujahrSver- ehrun g". Dieses uralte Herkommen nahm schließlich die Form eines gesetzlichen Anspruchs an. So bezog beispielsweise von der Gemeinde Althengstett der Oberamtmann des Herrenalb'schen Klosteramts Merklingen, zu dem Heng- stett früher gehörte, 3 Gulden, die beiden Forstmeister, die Pfarrer und der AmtSfchreiber je einen Gulden 30 Kreuzer, die andern Ortsbeamten dementsprechend weniger, bis herab zum Schweinehirten. In manchen Gemeinden, so in Ostelsheim bis zum Jahre 1868, bestand der hübsche Brauch des Neu- jahransingens. Nach dem Zwölfuhrschlag zogen die beiden Nachtwächter, mit ihnen Frauen und Kinder von Haue zu Haus. Zuerst wünschten sie den Hausbewohnern bis herab zur Magd ein glückseliges neues Jahr; dann sang der durch eine musikalische Hilfskraft verstärkte Chor' „Gesundheit und Zufriedenheit werd' euch zum Teil in dieser Zeit. Der heil'ge Geist mach' euch bereit zum Eintritt in die Ewigkeit; dann wird das neue Jahr euch werden ein Segensjahr auf dieser Erden". Zum Dank für den feierlichen Gesang bekamen die Nachtwächter einen Laib Brot oder eine Schüssel Mehl.
Am Neujahrstag wurden in den Häusern der Gäuorte Kuchen, in manchen Orten, z. B. Gechingen, „Gspickling" genannt unb große, bis 4 Pfund schwere Brezeln gebacken. Für das Neujahrschießen erhielten die Burschen von den Mädchen „ein pfündiges Herz", d. h. einen Lebkuchen oder Honigkuchen in Form eines Herzens. Jetzt wird ihnen in einer Wirtschaft „Wein gewichst", der „S chußwetn" genannt wird. Mit einem sinnigen Brauch, der sich erst in den letzten Jahren eingebürgert bat, wird in Calw in der Silvesternacht das alte Jahr zu Grabe getragen. Um Mitternacht findet sich eine zahlreiche Festgemeinde auf dem Marktplatz ein, um den Beginn des neuen Jahres zu feiern. Dieser Mittelpunkt der Stadt wird stimmungsvoll beleuchtet, Feuerwerkskörper werden abgebrannt und die umliegenden Häuser erstrahlen im Lichte der Weihnachtsbäume. Nach dem Zwölfuhrschlag läuten sämtliche Glocken der Stadt das Jahr ein. Dann singen die vereinigten Chöre Calws stimmungsvolle Choräle. Darauf spielt die Stadtkapelle: „Nun laßt uns gehn und treten", und zuletzt singen die Anwesenden eine Strophe von „Befiehl du deine Wege", worauf die Versammlung still auseinandergeht.